Mittlerweile konnte ich mich etwas intensiver mit meinem nordfranzösischen Wunderauto, seiner Vernetzung und diversen Spielereien vertraut gemacht. Gerne möchte ich den Interessierten mit einigen kommentierten Fotos einen weiteren Einblick vermitteln. Wie dabei sicher gut zu sehen ist, gehört Fotografieren zu meinen besonderen Unfähigkeiten. Ich bin schon ganz zufrieden, wenn man das Wesentliche erkennen kann. Im Original ist das alles schärfer und farbenprächtiger, wobei ich die qualitativ schlimmsten Bilder wieder gelöscht habe.
Die serienmäßige Soundanlage klingt ab der mittleren Ausstattungsvariante erstaunlich gut, und zwar mit allen ausprobierten Soundquellen. Davon gibt es reichlich. Jetzt ist das natürlich ein Faktor, der individuell unterschiedlich beurteilt wird, je nach Hörgewohnheiten, bevorzugter Musikrichtung, ob man HiFi-Enthusiast ist etc.
Ich bevorzuge Wortprogramme, Jazz und Progressive Rock. Dabei klingt das Teil mit seinen vielen Lautsprechern für ein aufpreisfreies Werks-Soundsystem in meinen Ohren bemerkenswert. Also frisch, natürlich, ausgewogen und mit soviel Bums, dass ich sogar den Bassregler etwas zurückgenommen habe. Was man bei mäßigen Systemen gerne macht, also Höhen und Bässe ein bisschen anheben - in der MéganE kommt man nicht auf diese Idee. Die klingt ziemlich rund, finde ich.
Zusätzlich steht ein DSP zur Verfügung, der bei Bedarf noch mehr rausholen oder auch alles versauen kann, je nach Einstellung:
Für Video-Streaming und Internet-Radio gibt es jede Menge AAOS-kompatible Apps, je nachdem was es sein soll: Spotify, Netflix, Deezer, Youtube Music, TuneIn Radio und andere mehr. Ich bevorzuge Open Radio, das ist reduziert auf das Wesentliche, schnell, zuverlässig und mit sehr wenig Werbung:
Wenn aber doch mal Werbung eingeblendet wird, dann kommt die erstaunlicherweise aus Irland, nicht aus Frankreich. Dafür gibt es bestimmt eine interessante Erklärung, denn die im Auto integrierte SIM hat eine französische IP (Orange).
Und bitte nicht verwechseln: Wenn ich von Apps berichte, dann sind ausdrücklich
nicht (!) die Apps aus dem iOS- oder Android-Playstore für Smartphones gemeint. Die kann ja jeder auf sein Handy laden und es dann mit CarPlay/AndroidAuto mit dem Fahrzeugsystem verbinden. Davon rede ich aber nicht, sondern von Apps und App-Varianten, die im AAOS-Appstore liegen, mit dem Fahrzeug kompatibel und dafür freigegeben sind.
Die beschriebenen Apps laufen also
direkt auf dem System im Auto, nicht auf einem angekoppelten Smartphone. Es gibt Unterschiede oder zusätzliche Funktionen gegenüber der jeweiligen Smartphone-Variante. Einfaches Beispiel: Den Vivaldi-Browser kann man aus den üblichen Appstores auf sein Smartphone laden und dort nutzen. Aber der Vivaldi aus dem AAOS-Appstore ist speziell für die Anwendung in Fahrzeugen freigegeben und blendet sein Bild aus, wenn die Feststellbremse des Fahrzeugs nicht aktiv ist.
Der superschnelle Browser eignet sich nebenbei besonders gut, um die Livestreams von Fernsehsendern zu schauen. Da unsere MéganE häufig als Krankentransporter eingesetzt wird, kommt es oft vor, dass ein Passagier aussteigt, während die anderen auf dessen Rückkehr warten müssen. Dabei haben sich dann Nachrichtensendungen oder auch solche für ältere Leute oder Kinder - je nach Situation - als wesentlich unterhaltsamer herausgestellt als Radio.
Audio- und Videoqualität sind dabei exzellent, was mich bei der mitunter mäßigen Mobilfunk-Netzabdeckung in der Fläche selbst wundert. Vermutlich wird immer mit dem potentesten Mobilfunk-Versorger vor Ort geroamt, ich hatte jedenfalls noch keine Aussetzer.
Was ich außerdem sehr schätze ist die Vernetzung mit meinen eigenen Endgeräten, also Smartphone, Tablet, PC und eben Fahrzeug. Was immer ich auf einem beliebigen Gerät mache, steht auch auf allen anderen nahezu sofort zur Verfügung. Ich kann beispielsweise Ziele, Routen und anderes gemütlich auf der Couch vorplanen und ans Auto übergeben, ich kann irgendwo meine Kontakte ändern und sie sind überall aktuell, ich kann im Auto SMS diktieren und so fort. Das ist alles wirklich äußerst komfortabel, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Es ist nämlich Google, was diesen ganzen Kram verwaltet, nicht Renault.
Noch ein Beispiel dazu, die Google Podcast App. Die habe ich auf meinem Tablet installiert, höre damit Podcasts und abonniere Podcast-Kanäle nach Wunsch.
In meiner MéganE läuft die AAOS-Version der Podcast-App, und was immer ich auf meinen Tablet anstelle: Bis ich ins Auto einsteige, ist es schon dort. Und umgekehrt. Stark!
Nun aber mal weg von diesem ganzen Audio-/Video-Kram. Es gibt ja noch ein paar andere wissenswerte Dinge, zum Beispiel die Renault-App. Die MéganE ist mein drittes E-Auto, welches sich mit einer App teilweise fernsteuern lässt. Dabei gehen die Hersteller schon rein technisch eigene Wege.
Die mit Abstand direkteste Verbindung zwischen Auto und App bietet Tesla, gleichwohl auch dort die Server des Herstellers zwischengeschaltet sind. Trotzdem besteht bei Bedarf eine direkte Verbindung nahezu in Echtzeit, von der meist kleinen Latenz durch die Verbindung per Mobilfunk abgesehen. Das erlaubt so lustige Dinge wie Rangieren des Fahrzeugs oder Betrachten des Livebilds der Frontkamera per Smartphone und anderes mehr.
Die meisten anderen Hersteller (so auch Renault, Toyota, VW) verwenden eine eher indirekte Variante: Das Auto sendet seinen Status an den Server des Herstellers, wo man diesen abrufen kann oder auch Befehle ans Fahrzeug übermitteln kann. Das passiert aber eher gemächlich, also nicht in Echtzeit oder zumindest nicht in Echtzeit mit so großer Bandbreite, dass eine echte Fernsteuerung oder die Live-Übertragung eines Kamerabilds möglich ist. Hupen oder Licht einschalten und dergleichen sind natürlich trotzdem drin, kann halt ein paar Sekunden dauern.

Neben diesen technisch unterschiedlichen Ansätzen gibt es auch erhebliche Unterschiede in der Philosophie der einzelnen Hersteller. So konnte man bei Tesla früher sogar Schiebedach (wenn vorhanden) sowie Fenster beliebig und auch nur teilweise Öffnen und Schließen. Später ging dann aus Sicherheitsgründen nur noch Öffnen oder sogar nur Öffnen einen Spalt weit. Viele Hersteller lassen ein Entriegeln das Fahrzeugs zu, manche auch ein Verriegeln, aber nur die wenigsten eine Freigabe zum Fahren ohne Schlüssel. Auch hier sind Tesla und einige chinesische Hersteller ganz vorne mit dabei, während sich die meisten anderen in freiwilliger Selbstbeschränkung üben.
Die Renault-App bietet zumindest eine ganze Reihe nützlicher Eigenschaften, die ich im Alltag gerne nutze. Das beginnt bei den Informationen über das Auto, seine Ausstattung, dafür erhältliches Zubehör, wie lange die diversen Funktionen und Garantien noch laufen und so fort.
Außerdem werden die angesichts ihrer fragwürdigen Notwendigkeit mit 30.000 km gerade noch akzeptablen Wartungsintervalle elektronisch geführt und bestätigt, ebenso werden die Wartungstermine mit der Vertragswerkstatt über die App vereinbart. Das hat man sich vermutlich von Tesla abgeschaut, wie auch einiges andere.
Gut gelungen ist das Lade-Handling per App, wenn man davon absieht, dass das Ladelimit (55 bis 100 Prozent in 5-Prozent-Schritten) nur im Fahrzeug selbst eingestellt werden kann. Schwach. Über die App kann man immerhin viel anderes machen, das meiste sinnvoll und nützlich. Aber diese Funktion fehlt (noch).
Schön ist, dass man Ladungen und/oder Klimatisierung des Innenraums sehr variabel und vielfältig vorprogrammieren kann. Schön ist außerdem, dass man die Ladung/Klimatisierung vor dem programmierten Zeitpunkte per App starten kann, wenn man es sich anders überlegt. Doof ist, dass man diesen Schritt nur im Auto wieder revidieren kann.

Wer sich das wohl hat einfallen lassen? Immerhin schaltet sich die Klimatisierung nach einiger Zeit wieder von selbst ab, wenn man nicht zum Auto kommt. Aber geladen wird bis zum festgelegten Limit.
Ein Beispiel für ein Ladeprogramm / Rückmeldung im Smartphone:
Das macht folgendes: Jeden Samstag, Sonntag und Montag um 3 Uhr morgens darf die MéganE jeweils 90 Minuten lang laden, sofern das eingestellte Ladelimit noch nicht erreicht ist.
Dies nur als Beispiel zum besseren Verständnis. Von diesen oder ähnlichen Programmen kann man mehrere anlegen, direkt im Auto oder per App. Funktioniert alles tadellos, ebenso eine verzögerte Ladeplanung, Temperierung auf Wunsch und einiges anderes.
Sämtliche Ladevorgänge des Autos werden vorbildlich protokolliert, getrennt nach Monaten aufaddiert und lassen sich über die App nach Tagen sortiert abrufen. VW kann das übrigens noch etwas besser und auf Wunsch sogar Excel-Sheets ausliefern. So weit ist Renault offenbar noch nicht, aber auch so ist das Gebotene schon ganz stimmig.
Auf der App kann man auch jederzeit nachschauen, wo sein Auto ist, wo man selbst ist, wie weit man mit dem aktuellen SOC noch fahren kann (die dunkelgrüne Fläche in der Karte) und vor allem lassen sich darüber Routen planen, die sich anschließend direkt an Google Maps übergeben lassen. Nicht nur an das Maps auf dem Smartphone/Tablet, sondern vor allem an das AAOS-Maps im Auto, das über sehr gute Elektroauto-Funktionen verfügt und eine Super-Ladeplanung hinlegt!

Man kann dem Teil zum Beispiel vorgeben: Berücksichtige nur EnBW-Ladepunkte mit mindestens 50 kW Ladeleistung. Man bekommt auch ständig angezeigt, mit welchem SOC man an einem Ladepunkt ankommen wird, wie lange man auf Langstrecke dort laden sollte, zwei ständig variierende Alternativrouten werden angeboten, die Verkehrslage äußerst zeitnah berücksichtigt, sinnvolle Routenänderungen aktiv (mit Sprachmeldung im Klartext) vorgeschlagen, man kann Ladepunkte ablehnen und durch andere ersetzen, man kann Fahrtziele fast beliebig eingeben, ihre Reihenfolge jederzeit ändern und so fort.
Das ultraschnelle AAOS/Google-Navi mit den zusätzlichen speziellen E-Auto-Funktionen ist auf Kurz- wie Langstrecken ein echtes Sahnestück. Ich würde Geld dafür bezahlen - was ich keineswegs von jedem Schnickschnack behaupten kann. Denn es gibt ohne jeden Zweifel auch genug Nutzlos-Kram an Bord und außerdem Software-Bestandteile, die noch einiges an Feinschliff benötigen. Aber das empfindet jeder anders.
Was darf ich noch nachreichen? Soweit ich sehe, fehlt die Standard-Ansicht der App, also das Begrüßungs-Fenster nach Herstellen der Verbindung mit dem Renault-Server. Mit der App kann man übrigens mehrere Fahrzeuge gleichzeitig verwalten, wie bei den meisten anderen Herstellern auch. So sieht es aus, wenn das Fahrzeug angesaftet ist, aber gerade weder lädt noch klimatisiert:
Ich denke, man kann aus meinen Ausführungen herauslesen, dass ich die MéganE für ziemlich gut gelungen halte. Respekt, Renault, das ist schon ein feines Stück Technik, das ihr da in so einem kleinen Auto auf die Räder gestellt habt. Hmja, ihr lasst es Euch ja auch sehr gut bezahlen.
Ein besonders günstiges Preis-/Leistungverhältnis ist also nicht die Stärke dieses Modells. Trotzdem halte ich die MéganE in ihrer Größenklasse für derzeit weitgehend konkurrenzlos, sofern man auf das Infotainment und einige an anderer Stelle bereits angesprochene Eigenschaften soviel Wert legt wie ich. Wenn man das nicht tut, gibt es sehr wohl Alternativen und wenn es ein paar Nummern größer sein darf, sogar jede Menge.
Grüße, Egon