Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 19:23 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
gcf schrieb: Könnte mir vorstellen das die Versicherungen da auch etwas dagegen haben, denn die verkaufen ja derartige Versicherungen schon seit langem und in manchen BL war/ist die Versicherung Pflicht.
Die Frage wäre auch, [ff.]Ganz allgemein hilft es vielleicht, wenn man ein bisschen über den Tellerrand schaut. In CH zum Beispiel ist in jedem Kanton eine Gebäudeversicherung Pflicht, und die deckt hauptsächlich die Elementarschäden ab. Allerdings nur die an Bauten, und nicht an dem Geraffel, was da drin rumsteht und rumliegt. Dafür muss man dann eine Hausratversicherung abschliessen.
Die Gebäudeversicherung ist staatlich, jeder Kanton hat so eine, und es gibt keine legal erstellten Bauten, die nicht versicherbar sind, qua Pflicht. Die Versicherungssumme ist der Kataster- bzw. Steuerwert der Bauten/Grundstücke. Die Prämie ist grundsätzlich so bemessen, dass sie die statistisch im Kanton jedes Jahr erwartbaren Elementarschäden decken kann. In guten Jahren bildet man Rückstellungen, den Rest sichert man, wie jede Versicherung über Rückversicherungsverträge ab, und wenn das alles nicht genug ist, muss der Staat zuschiessen. Konkret der einzelne Kanton. Darüber hinaus gibt es einen gesetzlich geregelten Lastenausgleich unter den verschiedenen kantonalen Gebäudeversicherungen. Überlegung: Dass Elementarschäden in der ganzen Schweiz gleichmässig zuschlagen, ist relativ unwahrscheinlich. Hagelzüge, überflutungen, Feuer, das trifft quasi nie das ganze Land gleichzeitig in gleichem Masse.
Es ist da also nicht so, dass der Fussgänger den Autofahrer bezuschusst. Versichert ist nur das Gebäude selber, und zahlen muss die Prämie der Eigentümer. Was drin und drum ist, ist kein Gebäude, sondern Fahrnis, und gesondert zu versichern. Beim Auto ist das in der Regel in der Teilkasko, Wohnungsinhalt ist mit einer Hausratsversicherung abzudecken, wenn man das haben möchte.
Und alle diese Versicherungen haben schon lange Ausschluss- Regress- oder Kürzungsklauseln bei Grobfahrlässigkeit.
Dass nur da gebaut wird, wos einigermassen sicher ist, ist Aufgabe des Raumplanungsrechts und des Baurechts. So kann es z.B. sein, dass einem, der in einem Lawinengefährdeten Gebiet wohnt, vorgeschrieben wird, dass er Bergseitig eine so und so stabile Stahlbetonmauer errichten muss. Die Lawine kann dann zwar kommen, aber man hat dann eine Chance, dass das Haus nicht gleich zu Streichhölzern verarbeitet wird. Es geht dann halt das Dach und die Fassade kaputt, aber man hat Chancen, in dem Haus zu überleben, und ein Haus zu haben, was man reparieren kann. Es gibt sehr viele Gegenden, da kann man in CH gar nicht ohne eine gewisse Gefahr von Elementarschäden bauen. Daher die solidarische Pflichtversicherung. Private Anbieter würden weite Landesteile gar nicht versichern. Nicht für Geld noch gute Worte.
Konsequenterweise beteiligt sich eben diese Gebäudeversicherung denn auch an Hochwasserschutzmassnahmen, Lawinenschutzbauten, finanziert die Feuerwehren mit und beteiligt sich bei gefährdeten Bauten auch an Schutzmassnahmen der Grundstücksbesitzer. Das können Mobile Flutsperren sein, die man in Tür- und Fensterrahmen einbaut, Fenster aus Panzerglas in Bauten, die direkt an Flüssen stehen, Hochwasserentlastungskanäle, Rückhaltebecken oder anderes hilfreiches mehr.
Warum man sowas in Deutschland nicht auch so ähnlich machen könnte, erschliesst sich mir nicht. Ich kann aber auch verstehen, wenn mans nicht will.
Dann regelt das halt der Markt irgendwann über die Grundstückspreise. Muss ja keiner viel Geld für ein Häuschen am Bach zahlen, wenn er nicht will.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 20:01 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Blick in die mobile Betriebsstelle Gerolstein mag wie ein Werbefilm wirken und es vielleicht sein, aber es umreißt ein paar Aspekte zur ausgefallenen Internet- und Telefonstruktur.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 20:07 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Das Problem mit der staatlichen Absicherung ist aber die Grauzone, ab der sie beginnt. Dazu ein paar bildliche Beispiele:
- Bis zu welcher Hagelkorngröße ist es noch die Angelegenheit der Versicherung und ab wann zahlt der Staat? Schäden eines "normalen" Hagelereignisses wird der Staat gewiss nicht übernehmen.
- Bis zu welcher Tornadoeinstufung (F1 oder F2) zahlt noch die Versicherung, ab wann der Staat? Wer legt dann vollkommen unvoreingenommen die Stärke fest, wenn es z.B. knapp an der Grenze zu oder über F3 liegt?
- Dann kann es noch beliebige "Kombiereignisse" aus verschiedenen Schadenskategorien geben (Hagel, Sturm, Hochwasser). Das aufzudröseln kann wieder beliebig subjektiv werden und schon geht das Geschachere los, was die Versicherung dem Staat zuschieben will und umgekehrt.
Die Aufgabe des Staates wäre hier vor allem, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, bei denen sich die Versicherungen nicht aus der Verantwortung stehlen können.
Für gewisse Schadensarten sind Versicherungen die erste Wahl, andere wären in staatlicher Hand viel besser aufgehoben. Man sollte lieber wieder die Berufsunfähigkeit in die staatliche Obhut zurückholen, so wie die Versicherungen mit den Betroffenen umspringen und ein unhaltbares gesundheitliches Gegengutachten nach dem anderen vorbringen, um bloß nicht zahlen zu müssen.
Elementarschäden sind dagegen viel objektiver belegbar, als gesundheitliche Beeinträchtigungen.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 20:23 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
eppf schrieb: Wer legt dann vollkommen unvoreingenommen die Stärke fest, wenn es z.B. knapp an der Grenze zu oder über F3 liegt?
Wer legt was fest, wenn es nicht mal Daten gibt, weil die nötige Erfassungsinfrastruktur nicht mehr vorhanden ist? Da fällt mir ein: Tand, Tand. Ist das Gebilde von Menschenhand!
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 20:30 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Man kanns doch einfach so machen: Hagelschäden reguliert die Elementarschadenversicherung. Von ganz gewöhnlichem Hagel wird kaum ein Gebäude Schaden nehmen. Und wenn die Hagelkörner ganze, ausgewachsene Ziegeldächer zerschlagen, dann muss man da auch nicht mehr argumentieren.
Für Gebäude gibts Baunormen. In CH sind das SIA-Normen. Würde mich wundern, wenn es entsprechendes in D nicht gäbe.
Die sind standard, und halten gewöhnliche, auch starke Unwetter, gut aus. Da fallen dann höchstens ausnahmsweise einzelne Ziegel runter, und obs ein Aussergewöhnliches Unwetter war, sagen dann die Meteorologen. Da muss man nun nicht auch noch in der Police festschreiben, wie viel die Gebäude aushalten müsssen. Wenns ne Baubewilligung gekriegt hat, ist solide genug gebaut worden. Was dann noch kaputtgeht, ist ein Fall für die Versicherung. Die schickt ja auch immer einen Gutachter vorbei. Der macht dann schon klar, ob Vorbehalte anzubringen sind. In der Regel aber nicht, wenn niemand einen groben Fehler machte. Etwa Schadensminderungspflichten verletzt hätte...
Klar kann man das alles haarklein regeln. Dann ertrinkt man eben genau dann in Bürokratie, wenn man eh schon grad nicht mehr weiter weiss. Oder man schaut vorher zum Rechten. Elektroinstallationen z.B. kann man regelmässig prüfen. Da kommt kein Gebäudebesitzer in CH drum herum. Stimmt da was nicht, muss das behoben werden. Dafür macht dann in aller Regel die Gebäudeversicherung keine Probleme mehr.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 20:34 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Timico schrieb: Ätzend, daß es auch in dieser Situation Menschen gibt, die entweder a) sich einen Spaß daraus machen oder b) die Stimmung anstacheln wollen, womöglich sogar mit politischem Hintergrund.
Timo
Gut, dass du es ansprichst. Ich finde hier kann man ruhig die Namen nennen: Laschet, Steinmeier, Lindh ("Helge hilft"), Merkel, Söder & Seehofer. Sorry, wenn ich jemanden vergessen habe.
Wer an zu niedrigem Blutdruck leidet, dem wird hier geholfen:
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 21:05 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Timico schrieb: Ätzend, daß es auch in dieser Situation Menschen gibt, die entweder a) sich einen Spaß daraus machen oder b) die Stimmung anstacheln wollen, womöglich sogar mit politischem Hintergrund.
Timo
Es gibt leider immer ein paar Arschlöcher und Idioten. Die Gaffer gehören da genauso dazu, wie Leute die völlig unangebracht sich einen Spaß daraus machen, ideologisch/politisch/religiös sowas ausnutzen oder kriminell werden (z.B. plündern).
Die sollte man wirklich gleich zur Zwangsarbeit beim Dreckwischen vor Ort verpflichten können. Dann würden sie vielleicht kapieren was für Asoziale sie sind.
Bzgl. Versicherung sollte man es nicht zu kleinlich machen. Es sollte prinziell eine Grundsicherung sein um Existenzen zu sichern und vor dem Ruin retten. Wer mehr will sollte das dann privat versichern.
Allgemein sollte man die Bürokratie nicht zu schlimm machen. Lieber alles lockerer regeln, aber knallhart und streng gegen Mißbrauch vorgehen. Aber bei uns wird lieber ein Paragraphenwust aufgestellt der alle Ausnahmen und Sonderbedingungen regelt, wo dann die Strafen dann lächerlich sind und viel zu aufwendig um Mißbrauch aufzudecken weil alles viel zu kompliziert ist.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 20.07.2021 21:06 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
twitter.com/kachelmann/status/1417464562568339457
Für jeden der nicht klickt: NRW-Innenminister Reul (CDU):
"Das Wesen von Katastrophen ist, dass sie nicht vorhergesagt werden können. Das Wesen von Naturkatastrophen ist, dass sie erst recht nicht vorhergesagt werden können."
Antwort Kachelmann: Lügner.
VG Matze
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 21.07.2021 09:36 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Das Wesen von Politikern ist, nach Katastrophen gescheit daherzureden, vor den Katastrophen aber nichts zu tun, dass sie seltener auftreten bzw. glimpflicher ablaufen.
Das hat jetzt nicht zwingend automatisch mit dem Klimawandel zu tun, man braucht sich nur anzusehen, wo und wie an mancher Stelle gebaut wurde und immer noch gebaut wird, obwohl eine Jahrhunderte lange Geschichte eigentlich erkennen lässt, dass es genau dort auf Dauer nicht gutgehen kann.
Man denke z.B. auch an die Kiesgrube in Erftstadt. Jetzt ist es allen auf einmal vollkommen klar, dass diese Grube an dieser Position gemeingefährlich ist. Tja, die Auflagen bei der problemlosen Genehmigung der Vergrößerung reichten nun nicht aus, aber die Position generell zu hinterfragen, also was passiert, wenn sich ein Hochwasser nicht an die für die Auflagen angenommenen Höhen hält, hat niemand interessiert.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 21.07.2021 10:26 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Zitat: Ahnungslose Bundesregierung beim Warnen & Gewarnt werden
Schon vier Tage vor dem verheerenden Unwetter im Westen Deutschlands gab es Warnungen an die deutschen Behörden.
Warum fast einem Jahr nach dem missglückten Probealarm im Ernstfall immer noch nix funktioniert, konnte das Ministerium nicht erklären- youtu.be/l2F0-9f-83c
- youtu.be/viNi2d2HViw
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 21.07.2021 10:31 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Der gestrigen Sendung "Brisant" habe ich entnommen, dass es auch einige nennenswerte Diebstähle gab. z.B. Mehrere Lieferwagen hätten ein Haus ausgeräumt. Im video bei ca. Minute 9.
Der gestrigen Sendung "Frontal" entnahm ich ( meine persönliche Interpretation zum Interview mit Hrn. Ziebs, ehemaliger Präsident des dt. Feuerwehrverbandes DFV ) Wenn in der Unwetterwarnung nicht steht, es geht um Leben und Tod, dann versteht die Warnung niemand.
Zwei geteiltes Interview im video ab ca. Min. 11.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 21.07.2021 10:33 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Nur so ganz beiläufig: nicht nur Behörden wurden gewarnt, sondern auch die Bürger. Die Wetterberichte nutzten Begriffe wie "apokalyptisch".
Was hat die Menschen gehindert eigeninitiativ zu handeln?
Wie klug ist es jetzt, die Verantwortung hauptsächlich auf die Behörden abzuladen?
Es wurde von Menschen berichtet, die trotz Evakuierungsanweisung in ihre Häuser zurück gingen. Sowas kann man ja nun auch nicht den Behörden anlasten.
Aw: Unwetter und Überflutungen in Deutschland 21.07.2021 10:51 - vor 3 Jahren, 2 Monaten
Zitat: Meinung: Besserwisserei nach dem Hochwasser hilft niemandem
Hinterher sind alle schlauer. Aber wer jetzt der Politik und dem Katastrophenschutz "Systemversagen" vorwirft, unterschätzt die Macht der Natur, meint Fabian Schmidt. - www.dw.com/de/meinung-besserwisserei-nac...niemandem/a-58315626
Es gab offenbar vor einigen Jahren ein Hochwasser und daraufhin wurden Verbesserungen vorgenommen. Nun könnte jeder Betroffene sich auf die Sicherungsmaßnahmen verlassen haben. Jeder Betroffene hätte aber auch die Regenmengen vom letzten Hochwasser mit den für diese Zeit vorhergesagten Regenmengen vergleichen und eine Schlussfolgerung daraus ziehen können.
Wie viel Zeit zwischen dem Horror Pegelanstieg und der Überflutung blieb, weiß ich nicht.
Und das Thema mit der Kiesgrube an anderer Stelle ist ein Thema für sich. Dazu gab es gestern in einer Sendung ein Interview mit Betroffenen, die tatsächlich aufgrund von Beobachtungen ihr Haus vorsorglich und noch rechtzeitig verlassen haben.