midimal schrieb:
12.07.2012 · Die Massenentlassungen und die Werksschließung bei Peugeot sind nur die Spitze des Eisbergs. Die verschärfte Absatzkrise in Europa trifft fast alle Massenhersteller.
Europas Autoindustrie steckt in einer handfesten und lang anhaltenden Absatzkrise. Die an diesem Donnerstag verkündeten Massenentlassungen und die Werksschließung bei Peugeot sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Vor allem in Frankreich und Italien beschleunigt sich der Niedergang der Massenhersteller. Der Käuferstreik trifft - abgesehen von den deutschen Exportmeistern Volkswagen, Daimler und BMW, die von steigender Nachfrage in Amerika und China profitieren - fast alle Hersteller: Der europäische Automarkt wird in diesem Jahr wegen der wachsenden Arbeitslosigkeit das fünfte Jahr hintereinander schrumpfen. Es geht 2012 voraussichtlich um 7 Prozent abwärts - auf etwa 12,2 Millionen Neuwagenverkäufe.
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Hallo,
diese Entwicklung war bereits 2009 absehbar. Damals hat die Politik beschlossen, dass es gut ist, 2500 Euro je abwrackfähigem Fahrzeug aus Steuergeldern bereit zu stellen, um dem heimischen Automobilkonzern Gutes zu tun.
Schon damals war klar, dass Käufer diese 2500 Euro nicht für den Kauf großer SUVs ausgeben werden, sondern zum größten Anteil Kunden im ohnehin tieferen Preissegment verstärkt zu Kleinwagen greifen werden. Am meisten profitiert haben am Ende Hersteller wie Fiat, nicht aber Daimler, BMW oder VW.
Die Krise war "überwunden", Neuwagen, die erst im Folgejahr gekauft worden wären, wurden großteils ein Jahr früher abgewickelt. Folge: Leerer Gebrauchtmarkt, kaum vernünftige Angebote. Schon 2011: Plötzlich wieder sagenhafte Preise, ein Gebrauchtmarkt, der wieder was bietet und Autohänlder, die schon wieder anfangen zu schwitzen.
Drei Jahre hat es nun gebraucht, bis das Pendel, das "künstlich über einen Magneten" gebremst wurde, wieder zurückschwingt und der volle Absatzmarkt zu genau den Ergebnissen führt, die man 2009 abwehrte - und es soll tatsächlich Leute geben, die den Unfug der Politik damals geglaubt haben.
Woher sollen denn in einer überalternden Gesellschaft mit hoher Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern der EU die ganzen Kunden kommen, die ständig neue Autos kaufen? Und nicht nur bei Autos gibt es dieses Problem, letztlich trifft es alle Branchen.
Wie groß die Krise jetzt schon ist, zeigt sich wieder mal an der Entwicklung der Zahlen der Luxusgüterhersteller. Wie erinnern uns: LVMH hatte schon 2009 hervorragende Zahlen, auch wenn sie die positive Entwicklung erst im Geschäftbericht 2010 vorgelegt haben. Die Schieberei mit den Rohstoffen geht nur begrenzt und wurde hier ausgereizt.
Die Menschen in diesem Land lernen es wohl nie: Unter Schröder gab es Holtzbrinck, viel Geld wurde reingebuttert, das Projekt zur Rettung war Prestige für den Ex-Kanzler. Später war alles für die Katz. Dann war es einige Zeit ruhig, bei Ratiopharm hat die Politik nicht reagiert! Grund: Ein Einzelunternehmer, der sich übernommen hat. Schlecker: Ein Einzelunternehmer, der sich übernommen hat.
Korrekt wäre: Ein Einzelunternehmer, der nicht genug Lobby hat und die falschen Freunde (machtlose Freunde).
Bei Opel 2009: Das Heiligtum der Deutschen, das Auto! Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf! Eine Welt ohne Opel - wieviel schöner wäre das Leben.
Viele Jahre auf der IAA am Stand von Opel haben mich geschockt. Warum war ich da? Ich habe immer wieder nachgesehen, ob sie mal innovativ werden. Nein, sie wurden es nicht. Meine Großmutter fährt einen "alten" Opel Astra, Baujahr 1999. Das Innenleben der auf dieses Modell folgenden Astras war identisch, nichts wurde verändert. Erst 6 (?) Jahre später und zwei Modelle weiter hat man sich entschlossen, mal in neue Optik zu gehen. Das kann nicht gut gehen. Über die massiven Probleme mit diesem Fahrzeug möchte ich hier nicht sprechen. Ja, natürlich sind es Kurzstrecken, aber das ist nicht das Problem (Rost, Verkleidung im Innenraum löst sich auf, keine elektrischen Fensterheber, Kurbeln der Fensterheber fallen einem beim Gebrauch in die Hand, Innenraumbeleuchtung fällt aus der Halterung, Gummis an den Scheiben der Türen biegen sich in die Mitte des Fensters, 12V Batterie wegen Dauerstrom ständig leer, etc.).
Wer es kennt, weiß wovon ich rede.
Und jetzt half doch nichts. Der neue Manager aus den USA, der Opel wieder salonfähig machen sollte, bringt GM-Modelle nach Europa. GM verliert die Geduld mit einer Marke, die schon längst hirntot ist. Bei Saab haben sie die Notbremse gezogen, ich habe in unserer Presse nichts über tausende entlassene Mitarbeiter gelesen. Der Käufer von Saab ist mittlerweile auch am Ende - soweit ich es mitbekommen habe. Die Marke Opel hat stark an Wert verloren, auch ein Verkauf bringt jetzt (zu) wenig Geld. Die Allianz mit PSA? "Vier Lahme gewinnen keinen Staffellauf."
Nächstes Jahr sind Wahlen. GM hat die richtige Strategie. Sie bringen es jetzt aufs Silbertablett und wer Wählerstimmen von Opel-Mitarbeitern und Ex-Mitarbeitern braucht, wird politisch eine Entscheidung treffen, die für GM profitabler sein wird, als alle anderen Handlungsalternativen. GM weiß: Jetzt geht es um alles, wenn wir Opel jetzt nicht los werden oder mit viel Geld vom Staat auf Zeit spielen, wird es zu teuer und wir verlieren Geld, noch mehr als bisher. Schon 2009 hat sich unsere Regierung falsch verhalten und sich über den Tisch ziehen lassen - sehr zur Freuder der Amerikaner. Die wissen, dass der Coup noch einmal gelingen wird - Wahlen sind etwas tolles, wenn sie stattfinden, während man sie braucht. Nach der Wahl hat man längst nicht mehr so viel Druckmittel, wie im Wahlkampf.
Man kann nur hoffen, dass es Interessengruppen gibt, die soviel Macht haben, dass die Marke Opel am Ende nicht mit steuergeldern gestützt wird und wenn doch, dann doch bitte verstaatlicht oder außerhalb von GM. Vermutlich wäre es sogar billiger, alle Mitarbeiter von Opel über ALG und HarzIV abzufangen, als GM Geld zu geben. Wie hieß es doch gleich bei den Schlecker-Frauen: Ausbildung zur Kita-Betreuerin. Dass die Ausbildung dazu teils bis zu 5 Jahre dauert, wenn man sie regulär erwirbt, interessiert natürlich nicht. "Die Politiker tun was" ist die Message.
NCC, dem heute langweilig ist.