Nachdem die ab Werk montierten Wischerblätter kurzlebig und qualitativ unzumutbar waren, möchte ich festhalten, dass VW auch an vielen anderen Stellen gespart hat. Das meiste davon ist nicht überraschend und in dieser Fahrzeugklasse noch akzeptabel. Nicht aber beispielsweise die Heckklappen-Dämpfer, die schon nach anderthalb Jahren bei Kälte allmählich nachlassen. Das ist zehn Jahre zu früh und deutet darauf hin, dass VW die billigsten Teile verbaut hat, die ein Zulieferer überhaupt anbieten kann.
Bei der ersten überflüssigen, aber vorgeschriebenen Wartung hat die Werkstatt ein ungeeignetes Schmiermittel verwendet. Statt eines dauerhaften Fetts wahrscheinlich irgendwas mit Lösungsmittel-Komponente wie etwa WD-40. Das veranlasst nun die Handbremse bei jedem Einsatz zu einem gequälten Geräusch. Man merkt sofort, da waren die echten Profis am Werk. Immerhin muss ich diesen nutzlosen Werkstatt-Unfug nur alle 30.000 Kilometer mitmachen. Was bin ich froh.
Die Heizung ist in diesem Modell besonders ineffizient, weil an einer fahrtwindtechnisch problematischen Stelle und ohne besondere Dämmung untergebracht. Die Verbrennerplattform lässt grüßen:
(Vor-Facelift. Bildnachweis: Volkswagen AG Pressebild)
Zusammen mit der kaum vorhandenen Isolierung des Innenraums braucht man für kuschelige Wärme enorm viel Strom. Bei langen Strecken mit relativ hohem Durchschnittstempo erhöht das den Verbrauch schon um zwei, drei Kilowattstunden auf 100 km, aber im Stadtverkehr kann es ihn sogar verdoppeln. Unter dem Strich ist das dann zwar trotzdem noch vergleichsweise wenig Energie, aber ärgerlich wenn man weiß, dass es in dieser Ausprägung unnötig und für die reine Fortbewegung sehr viel weniger erforderlich ist.
Will man es warm haben, darf man keinen der beiden zusätzlichen Fahrmodi ("ECO" und "ECO Plus") verwenden. Das Handbuch verspricht zwar, dass in ECO die Heizleistung lediglich
reduziert wäre, aber das ist schlicht falsch. Tatsächlich ist in beiden Modi keine Heizleistung vorhanden. Das führt zu der blöden Situation, dass ich im Winter ohne Drosselung der Antriebsleistung unterwegs sein muss, was das frontgetriebene Auto ziemlich giftig werden lässt und so gar nicht mit glatten Straßen harmoniert.
Schmerzlich vermisse ich ein fest eingebautes Navi. Das brauche ich ständig, ist im Up aber den Sparmaßnahmen von VW zum Opfer gefallen. Im Vorgängermodell war es noch drin; der nun angebotene Ersatz ist bestenfalls halbgarer Mist. Die serienmäßige Handy-Halterung inklusive integriertem USB-Anschluss wird flankiert von einer bidirektionalen, voll in die Bordsysteme integrierten speziellen App für eben dieses Fahrzeugmodell:
Die Halterung ist gut und die App steckt voller guter Ansätze, ist aber miserabel umgesetzt, verbuggt bis zum Abwinken, langsam und mitunter zum Haare raufen zickig - Bluetoothstack und so. Auch wenn es meistens funktioniert: Die überwiegend katastrophalen Bewertungen in den App Stores von Google und Apple sprechen Bände.
VW und Software, das ist echt ein Thema für sich. Die üben noch, und das nicht nur bei ihren Fahrzeug-Betriebssystemen.
Was VW hingegen sehr gut beherrscht ist das Einbauen von vielen, im Alltag sehr nützlichen Komfortfunktionen, die serienmäßig in den Steuergeräten implementiert sind. Das erwartet man in dieser Fahrzeugklasse nicht unbedingt, und doch sind sie vorhanden.
Beispiele: Wenn man auf R schaltet und es regnet gerade, wird automatisch die Heckscheibe freigewischt. Wenn man am Hang zum stehen kommt, wird das Auto mit dem Antrieb (also nicht mit der Bremse) vollautomatisch auf der Stelle gehalten und ist die Steigung sehr steil, erfolgt eine Klartext-Auforderung, doch besser die Bremse zu nutzen. Nach dem Halten kriecht das Auto nicht, lässt sich aber per Antippen des Strompedals zum Kriechen bewegen.
Es werden nicht nur die Stati der vier Türen und der Heckklappe, sondern auch der offenen Motorhaube überwacht. Auch die Rücksitze verfügen über Belegungssensoren. Die Sitzheizungen werden nach 10 Minuten automatisch gedrosselt. Die elektrische Frontscheibenheizung ist nicht nur im Winter Klasse; wieso haben das nicht alle Autos serienmäßig? Die Spiegelheizungen werden über einen grässlich unergonomischen Drehschalter aktiviert, sind aber sehr schnell und effektiv.
Die Parkpiepser werden von einer übersichtlichen Grafik und sogar einer Rückfahrkamera auf dem dafür leider zu kleinen Radio-Display unterstützt. Der aktive Fahrspur-Assistent ist ausgezeichnet abgestimmt. Das heißt, er greift stark ein, lässt sich aber trotzdem mit geringem Kraftaufwand übersteuern. Dann ist er aber nicht schlagartig weg (Tesla), sondern blendet sich bis zum nächsten Ereignis sozusagen stufenlos aus. Das ist richtig gut! Leider darf er im Up nur die Ränder überwachen, also nicht die Fahrbahnmitte halten.
Innenlichter gehen nach einiger Zeit aus, auch im Kofferraum. Zeitgesteuertes Abblendlicht beim Öffnen oder nach dem Verschließen des Autos (Coming/Leaving Home) ist Standard, ebenso Parklicht auf nur einer Seite. Auch der elektrische Antriebsstrang ist sowohl bedienungs- als auch ladetechnisch als auch was die Fernsteuerung angeht unerwartet ausgereift und komfortabel. Man kann für jeden Wochentag eigene Ladeprofile mit unterschiedlichen Ladeleistungen und verschiedenen Ziel-SOC anlegen. Sogar eine per Smartphone fernsteuerbare und vorprogrammierbare Standheizung/Standklima - alles ab Werk schon drin.
Vieles davon ist so nicht zu erwarten. Nicht am Anfang der Produktpalette, also im kleinsten Modell eines Herstellers.
Unten ist noch ein aktuelles Bild vom
Palatinian Graveyard Express, der seit nunmehr anderthalb Jahren mehrmals im Monat vollelektrisch zwischen dem pfälzischen Frankenthal und dem Hauptfriedhof Ludwigshafen/Rhein verkehrt. Er ersetzt diverse Verbrenner, mit denen das in den 50 Jahren zuvor erledigt wurde. An Bord sind immer zwei Grabpfleger, ein Rollator (zusammengeklappt, liegend), die notwendigen Gartengeräte und je nach Jahreszeit diverse Zierpflanzen, Sträucher, Kränze oder Gestecke, meist in Töpfen oder Schalen.
Gerne hätte ich mehr Farbe im Innenraum, aber VW beschränkt sich auch in diesem Modell auf das übliche Depri-Totensonntags-Grau-/Dunkelgrau-Ensemble, zum Brechen. Immerhin ist es denkbar unempfindlich und mit einem feuchten Lappen und einer Bürste einfach sauberzuhalten.
Sehr erfreulich ist der unter dem Strich geringe Energieverbrauch, die sehr gute Raumnutzung und das problemlose Handling im dichten Großstadt-Getümmel. Wirklich überraschend ist das erstaunlich erwachsene Fahrgefühl auf bergigen Landstraßen und sogar auf Langstrecken, jedenfalls mit der 185er-Bereifung. Fahrwerk können die VW-Jungs einfach, das muss man ihnen lassen.
Laufleistung aktuell knapp 37.000 km in 18 Monaten. Bei aller teils harschen Kritik im Detail überwiegt doch die Freude an dem kleinen, agilen, anspruchslosen, sparsamen und alltagstauglichen Elektroflitzer. Der Up ist mehr E-Auto als erwartet.
Grüße, Egon