Priusfreunde.de

Ich fahre seit zehn Jahren einen Prius 2, Baujahr 2007 und bin immer noch sehr zufrieden (Verbrauch ca. 5 l/100 km, CO2-Ausstoß ca. 120 g). War bis 2012 außerdem 14 Jahre lang Besitzer eines VW-Diesel-Sharan. Da ich denke, viele hier im Forum gehen sehr bewusst mit Fragen der Umweltverträglichkeit ihres Fahrzeugs um, hoffe ich auf kompetente Auskunft.

Anscheinend gibt es gewisse Unterschiede bei den deutschen Autokonzernen, die gesetzlichen Vorgaben für sog. „Clean Diesel“ zu erfüllen. Vieles hängt mit einem Katalysator-System zusammen, das den Stickoxid-Ausstoß durch Zugabe von Harnstoff („AdBlue“) verringern soll.

Die ursprüngliche und mittlerweile bewiesene, zugegebene und am US-Markt auch sanktionierte Täuschung von VW bestand darin, dass man dieses Katalysator-System nur dann aktivierte, wenn das Auto auf dem Prüfstand war (Täuschung per Software). Warum? VW wollte wegen zu klein bemessener AdBlue-Tanks den Kunden nicht zumuten, zwischen den Service-Intervallen „AdBlue“ nachtanken zu müssen. – In den USA zahlt man deshalb, wie von den Gerichten dort verlangt, großzügige Entschädigungen für diesen Betrug. Hier bei uns spricht man von „Software-Updates“, die aber, wie man aus der Presse erfährt, nicht viel bringen sollen. – Meine Fragen also, wiewohl ich selbst nicht (mehr) Eigentümer eines betroffenen Fahrzeugs bin, also mehr aus allgemeinem Interesse:

Wieso eigentlich „Software-Updates“, die nicht viel bringen? Ist doch mittlerweile nachgewiesen, wie man das Problem lösen kann. Oder?

Es wäre doch ganz einfach, die Software so zu ändern, dass das vorhandene Katalysator-System während der gesamten Betriebszeit des Fahrzeugs aktiv ist und nicht nur, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand getestet wird. So hatten sich die Ingenieure das doch auch gedacht, bevor dann unter dem Druck der VW-Verkäufer in den USA die Betrugs-Software eingebaut wurde.

Mal angenommen, das geschähe: VW, Audi oder andere betroffene Unternehmen könnten bei so einem „ehrlichen“ Software-Update den betroffenen Fahrzeug-Eigentümern 1000 € (oder so) in die Hand drücken, verbunden mit der Aufforderung, regelmäßig auf den AdBlue Tank-Stand zu achten und gegebenenfalls alle 2000, 4000 oder 6000 km AdBlue nachzufüllen. AdBlue gibt es mittlerweile an fast allen Tankstellen und die in modernen Fahrzeugen eingebauten Tanks fassen ca. 20 l. Auch das Befüllen dieser Tanks scheint kein so großes Problem zu sein. – Also konsequentes Software-Update mit zuverlässiger Nachfüll-Aufforderung, 1000 € den Geschädigten cash auf die Hand, und gut wäre es. Oder?

Oder ist diese ganze AdBlue-Katalysator-Lösung fragwürdig? (Bei LKWs und Traktoren scheint sie jedenfalls zu funktionieren.)

Welcher Druck der US Käufer? Doch eher die eigenen Ansprüche.

Der Diesel sollte als saubererster Antrieb verkauft werden. Und nebenbei noch kraftvoll und sparsam daher kommen. Da dies so nicht ganz aufgegangen ist, hat man so gehandelt.

Die in den Fahrzeugen installierten Tanks für AdBlue sind zu klein, um damit größere Reichweiten mit sauberen Abgasen zu ermöglichen. Auf diese kleinen Tanks haben sich die Hersteller heimlich geeignet, um Geld zu sparen. Es geht also gar nicht, dass man die Software so ändert, dass die Reinigung der Abgase ständig aktiviert bleibt. Der Kunde müsste zu oft an die Tankstelle, um AdBlue nachzufüllen.

Der Kunde darf es nun ausbaden und mit seiner Gesundheit weiterhin für diesen Skandal bezahlen. Und lässt sich mit einem Software-Update abspeisen. Ja, er ist sogar noch stolz darauf, dass er eines kostenlos bekommt! Sind schon toll, diese Hersteller, so kulant!

Eigentlich würde ich sagen: Selbst schuld. Aber so werde ich mit verpestet, und das gefällt mir natürlich gar nicht. Dementsprechend deutlich werde ich, falls das Thema mal irgendwo diskutiert wird und "die Deutschen" ihr liebstes (Diesel)-Kind/Auto mal wieder über Gebühr verteidigen.

@Jorin: Das ist stark verkürzt. Die US-Problematik resultiert aus dem Umstand dass das AdBlue nur bei den Inspektionen aufgefüllt werden darf. Ist der Tank zu klein geplant müssen in den Staaten die Inspektionsintervalle verkürzt werden. In Deutschland ist das dagegen kein wirkliches Problem, da hier die Nutzer selber nachfüllen können und dürfen. Da geht es eher um Komfort. Zum Zweiten wirkt sich die Adblue-Einspritzung auf den Kraftstoffverbrauch aus, weswegen man (die Presse) sich bei VW-Fahrzeugen gewundert hat warum die so sparsam sind und dennoch relativ lange mit einer Adblue-Füllung hinkommen.
Auch der Kartellvorwurf entbehrt jeder Grundlage. Das ist zwar in der hiesigen "Qualitätspresse" häufiger zu lesen gewesen, ist aber derzeitig noch Gegenstand rechtlicher Untersuchungen. Ich gehe eher von davon aus, dass man sich auf ungefähre Adblue-Tankgrößen geeinigt hat um Konstruktion und Einkaufskosten besser im Griff zu haben. Die "Nachfüllproblematik" gab es in Deutschland, sofern man mal in die einschlägigen Foren schaut, nur in Bezug auf die "Komfortproblematik". Wobei ich das sowieso lächerlich finde, denn ob ich jetzt 5 Liter Adblue oder 4 Wischwasser alle 10tkm nachfülle ist ja wohl "pillepalle" (also albern).
Das ändert aber in der Summe nichts an dem Umstand das der Diesel noch gebraucht wird. Außer bei den PKW gibt es zur Zeit keinerlei brauchbare Ansätze womit man denn alternativ LKW auf der Langstrecke / mit großen Lasten / bei zeitsensitiven Anwendungen betreiben will. Genauso wie es im Bereich Agrartechnik, Baumaschinen und Schiffe weitergehen soll. Selbst im Rennsport hat sich gezeigt das z.B. die Hybridtechnik nicht ohne massive Incentivierung auskommt.

Sag ich doch: Man hat sich auf kleinere Tanks geeinigt, um Geld zu sparen.

Mit 10.000 km kommst du wohl nicht ganz hin, wenn ich dem glauben darf, was die Presse so schreibt. Wenns nach dir geht, ist das wohl aber auch ne Ente?

LKW, schön und gut. Die fahren aber selten in der Innenstadt, zumindest nicht die, die man nicht durch teilelektrisch angetriebene LKW ersetzen könnte. Und in der Innenstadt haben wir doch das Abgas-Problem, dort geht es um die Gesundheit der Kranken, Alten und vor allem Kinder, die massiv leiden.

Gemeinsame Standards trifft es wohl eher. Einkaufskosten resultieren daraus.

Okay, wenn du magst: Für die Hersteller sehr bequeme und noch dazu kostensparende Standards, die gesundheitliche Nachteile für alle mit sich bringen. Aber das ist ja weniger wichtig als längere Intervalle fürs AdBlue-Nachfüllen und geringfügig kleinere Kaufpreise für die Fahrzeuge.

Ghost schrieb:
Das ändert aber in der Summe nichts an dem Umstand das der Diesel noch gebraucht wird. Außer bei den PKW gibt es zur Zeit keinerlei brauchbare Ansätze womit man denn alternativ LKW auf der Langstrecke / mit großen Lasten /... Genau bei LKWs und großen Lasten stimme ich dir uneingeschränkt zu. Hier ist der Diesel aber sehr viel einfacher sauber zu bringen, als beim PKW mit seinem viel größeren Lastspektrum bei weitgehend totaler Niedriglast.

Um einen PKW sauber zu bringen, muss man zwingend eine AdBlue-Vorheizung einbauen, also das komplette Programm, wie es die zuletzt vorgestellte Hardwarenachbesserung für 2000 EUR vorsieht. Da geht leider mit Software alleine und einem häufigeren Nachfüllen des AdBlue-Tanks gar nichts.

Mit reiner SW-Lösung, also mehr AdBlue-Einspritzung und verstärkter Abgasrückführung erzielt man maßgeblich nur den Effekt, dass der Motor versifft.

Ich hab's schon so oft geschrieben, der Diesel ist ein Lastentier, aber keine Rennsau, aber genau zu dieser Rennsau haben ihn die PKW-Hersteller gemacht und jetzt steckt man in der Bredouille.

Warum wohl zählt der Audi A8 4.2TDI zu den dreckigsten aller Diesel, mit ca. 1400mg/km NOx in der Praxis trotz EURO6? Weil dieser Motor mit seinen 385 PS z.B. in der Stadt bei totaler Niedriglast überhaupt keine Chance mehr hat, seine Abgasreinigung auf Temperatur zu bringen. Wenn man dann meint, selbst bei einem Auto für 100k EURO die Vorheizung sparen zu können...

eppf

Von einem (gemeinsam erwirkten) Standard bei Ad-Blue Tanks zu sprechen, halte ich für die Lächerlichkeit schlechthin.

Ich denke zudem, man kann USA inzw. heraus nehmen. Dort ist gehandelt worden!

Hier hingegen wird immer noch nicht gehandelt, sondern weiterhin gemauschelt was nur irgendwie auf niedrigstem Kostenlevel an lokaler Stelle (z.B. Stuttgart) auf dem Papier (also theoretisch) eine Verbesserung bewirken könnte.

Die Politik wirkt dort Hand in Hand mit. Denn auch die Politik (Ministerien Umwelt & Verkehr und Behörden) haben in den letzten 10 J. versagt.
Das darf selbstverständlich so nicht beim Bürger ankommen, aber ihr Versagen besteht fort, wie es das aktuelle Verhalten bei Klageandrohungen der DUH und die "Abgas-Gipfel" beweisen.

Hier im Forum ist doch in vielen Threads fast jedes Detail der aktuellen Softwareänderungen mit Hintergrundinformationen erläutert worden.

Und es geht nicht nur um Fahrzeuge mit Ad-Blue Tank. Die Prüfstandserkennungssoftware ist nicht erst seit der Add-Blue Technik eingebaut worden.
Auch ältere Fahrzeuge müssen sauberer werden. Oder meinetwegen verschrotten auf Kosten der Hersteller.

Neben den PKW sollten selbstverständlich Dreckschleudern wie Müllwagen, Baufahrzeuge, Busse u.a. nachgerüstet werden.
Damit ist in der Stadt eine Luftverbesserung möglich.

Hingegen werden die PKW weiterhin auf BAB und Landstraße emittieren was sie nur können. Und auch das betrifft die Gesundheit der Menschen. Ich merke das fast täglich in meiner Lunge, wenn, wo auch immer ein Dieselfahrzeug vor mir fährt. Am schlimmsten dann, wenn es mich mit Vollgas überholt oder vor mir stark beschleunigt.

Deshalb zählt für mich die Stadtbevölkerung nicht in einem hervorgehobenem Maß.

Hybridfan5

Edit: Satire:

Mein Vorschlag für die kostengünstigste Nachrüstung zur sauberen Auspuffluft:
Eine Packung genmanipuliertes Moos, welches NOx und Feinstaub zu 100% bindet, um den Auspuff wickeln. Ein nachhaltiger Rohstoff, kostengünstig, leicht zu handhaben und auf dem Auspuff wachsend. Bei Überbewuchs einfach mit einer Gartenschere zurückschneiden. Das satte grün sieht zudem echt schick aus.

@Jorin: Die Autohersteller sind keine Einrichtungen die den Umweltschutz als Hauptzweck haben. Insofern ist das Vorgehen legitim. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist von den Folgen eh nicht direkt betroffen da diese größtenteils nicht an den betroffenen Straßen lebt. Einige Hundertmeter weiter ist das i.d.R. kein Problem.

@eppf: Höhere Adblue-Dosierung reicht vollkommen, dass sieht man an der Nachrüstlösung von Twintec. Für eine nicht sachgerechte Nutzung eines Diesels kann der Hersteller nichts, wenn der Kunde meint er wüsste es besser. Die Händler haben jedenfalls schon in den letzten 5 bis 8 Jahren darauf hingewiesen das bei Laufleistungen bis ca. 30tkm p.a. auch ein Benziner eine wirtschaftliche Lösung darstellt.
BTW: Besagter Audi hat gerade wegen seines Hubraums die Chance die Abgasreinigung eher zum Arbeiten zu bekommen. Nur wäre der Adblue-Verbrauch so das wohl selbst bei sparsamer Fahrweise alle 5tkm nachgefüllt werden müsste, das nimmt bei einem solchen Fahrzeug nur kein Kunde hin. Denn das würde bei den in dieser Fahrzeugkategorie üblichen Fahrleistungen eine monatliche Nachfüllung bedeuten.

@Hybridfan5: "Der Stadtbevölkerung" kann kein anderer Status als der "Landbevölkerung" eingeräumt werden. Jeder kann seinen Wohnsitz in diesem Land frei wählen. Die Menschen müssen nicht vor den Konsequenzen schlechter Entscheidungen geschützt werden.
Ob Du den "gemeinsamen Standard" als lächerlich empfindest oder nicht ist belanglos, juristisch ist bis zum Nachweis des Gegenteils kein anderer Schluss zulässig.
"Der Politik" den "schwarzen Peter" zuzuschreiben halte ich für opportunistische Rabulistik. Wäre diese im hier gewünschten Sinn gegen die Hersteller vorgegangen könnten wir möglicherweise auch vor der Situation stehen, dass das die Hersteller zu gar nichts verpflichtet werden können da die Typengenehmigung in Litauen, Malta oder Rumänien erteilt worden sind.

Satire:

Die Lösung: den 500mio fördertopf aufstocken, den dass reicht nicht.
Offenbar ist einfaches Bargeld ein hervorragender Filter gegen nox und feinstaub!
Jeder autobesitzer sollte ein bis zwei eimer voll 500€ Scheine als Luftfilter im Innenraum installieren.

gcf schrieb:
Offenbar ist einfaches Bargeld ein hervorragender Filter gegen nox und feinstaub!

solange es kofferweise an bestimmten Stellen abgeladen wird, ja.

Jeder autobesitzer sollte ein bis zwei eimer voll 500€ Scheine als Luftfilter im Innenraum installieren.

Hast wieder nicht die Anleitung gelesen ... - die muss man in den Auspuff stecken!

Ghost schrieb:
@Jorin: Die Autohersteller sind keine Einrichtungen die den Umweltschutz als Hauptzweck haben. Insofern ist das Vorgehen legitim. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist von den Folgen eh nicht direkt betroffen da diese größtenteils nicht an den betroffenen Straßen lebt.

[...]


Für eine nicht sachgerechte Nutzung eines Diesels kann der Hersteller nichts, wenn der Kunde meint er wüsste es besser. Die Händler haben jedenfalls schon in den letzten 5 bis 8 Jahren darauf hingewiesen das bei Laufleistungen bis ca. 30tkm p.a. auch ein Benziner eine wirtschaftliche Lösung darstellt.

[...]

Jeder kann seinen Wohnsitz in diesem Land frei wählen. Die Menschen müssen nicht vor den Konsequenzen schlechter Entscheidungen geschützt werden.

Bei solchen Argumentationen ("Soll die Bevölkerung doch vom Dieselabgas weg ziehen!") klinke ich mich lieber aus, dagegen komme ich nicht an. Und will es auch gar nicht erst versuchen.

Ghost schrieb:
@Hybridfan5: "Der Stadtbevölkerung" kann kein anderer Status als der "Landbevölkerung" eingeräumt werden. Jeder kann seinen Wohnsitz in diesem Land frei wählen. Die Menschen müssen nicht vor den Konsequenzen schlechter Entscheidungen geschützt werden.
Da fällt mir nichts mehr ein. Klar kann man seine Wohnung/Haus aufgeben (für einen Verkauf braucht man einen Käufer) und in der Heide oder im Wald zelten.

LG
Klaus

Einige Details möchte ich noch ergänzen:

Bei Fahrzeugen mit SCR (die also AdBlue nehmen) sind einige so konstruiert, dass ein Selbst-Nachfüllen von AdBlue schwierig ist. Einfüllstutzen versteckt im Kofferraum hinter Abdeckung bzw. gar kein Einfüllstutzen sondern Schraubverschluss unten im Motorraum.

Das in Kombination mit sehr kleinen AdBlue Tanks macht es unmöglich, die Fahrzeuge nur mit Software sauber zu bekommen. Es müssten dann auch größere Tanks eingebaut bzw. die Einfüllstutzen verlegt werden.

Außerdem gibt es Probleme im Winter, nicht alle SCR Systeme sind beheizbar.

Je nach Grundkonstruktion des Motors muss der AdBlue Verbrauch zwischen 3 und 7 Litern AdBlue auf 100 Litern Diesel liegen, alles drunter deutet stark auf eine nicht ausreichende NOx Reinigung hin.

Dann gibt es noch Motoren ohne SCR, welche nur durch innermotorische Maßnahmen (Abgasrückführung) die Stickoxide angehen. Dort sind diese Systeme konstruktiv oftmals nicht auf die Belastung durch Dauerbetrieb ausgelegt (AGR-Ventil, AGR-Kühler).

Generell gibt es immer einen Zielkonflikt zwischen Luftmasse, Verbrennungstemperatur Stickoxiden und Partikelemissionen.

Man könnte nur durch Software fast jeden Motor relativ sauber bekommen, indem man die Luftmasse reduziert und die Verbrennung kühler ablaufen ließe.

Das würde in gleichem Maße NOx und Partikel reduzieren. Leider vermindert sich dann die Leistung bei gleichzeitig erhöhtem Verbrauch.

Blöd jetzt irgendwie für die Hersteller, nicht? Plötzlich würde der Diesel ähnlich viel verbrauchen wie ein Benziner und der Bumms wäre weg.