Priusfreunde.de

Man kann die Leistungsaufnahme des Klimakompressors nicht gleichsetzen mit der Kühlleistung, da der Kompressor wie eine Wärmepumpe funktioniert. Im Haustechnikbereich erzeugen Wärmepumen zu Beheizung eines Hauses das 3-5 fache an Wärmeleistung der eingesetzten elektrischen Energie. Das funktioniert dadurch, daß die eingesetzte Energie nicht "verheizt" wird, sondern für das Erhöhen des Temperaturtdeltas zwischen den beiden Wärmetauschern genutzt wird, also in der Gesamtsumme keine wesentliche Wärmeerzeugung.
Identisch funktioniert das bei Klimaanlagen, aben nur anders herum. Die Leistungszahlen (Verhältnis von nutzbarer Wärmeenergie zu eingesetzter elektrischer Energie) bei Klimaanlagen im Auto sind mir nicht bekannt, jedoch kann hier sicherlich die Kühlleistung nicht 1:1 gleichgesetzt werden mit der eingesetzten elektrischen Leistung. Die Kühlleistung ist um einen Faktor 2-3 höher als die Leistungsaufnahme.

@Egon: ich bin beeindruckt. Ich habe Deine Gedankengänge nachvollzogen, das sieht sehr durchdacht und logisch aus und bietet ein durchführbares Experiment mit Stoppuhr - allerdings muss die Batterie wirklich gut aufgeladen sein. Nur ein kleines Detail - wir sollten von einer Nuckelleistung von 440Watt (Quelle: siehe oben) bis 470W (Quelle: Vehicle Simulator von Wayne Brown) ausgehen statt Deiner angenommenen 300W.

Wenn wir aber schonmal dran sind, möchte ich das aber noch weiter durchziehen und Deine Gedanken von einer anderen Seite ergänzen. Nach einer Untersuchung von Bosch ergibt sich für einen wolkenlosen Tag bei heißer Sonne mit 5 Personen ein solarer Wärmeeintrag von 1,25kW durch die Scheiben, zusätzlich ein Energieeintrag durch die Karosse von 1,1kW, zusätzlich heizen 5 Personen mit je 0,1kW latent und nochmal mit 0,4kW sensibel, macht insgesamt 3,3kW.
Unter etwas erleichterten Bedingungen eines heißen, jedoch bewölkten Tages mit 2 Insassen errechnet sich ein Gesamtenergieeintrag von 2,2kW (Quelle: twk-karlsruhe.de/download/symposium_06/ManBosch.pdf).

Das bedeutet, dass 2,2kW...3,3kW aus dem Auto geschafft werden müssen: diese Energie kommt durch die Klimaanlage. Mit 1kW Leistungsaufnahme sind wir dieser Energie schon näher, aber es fehlt noch was.

Bei Deiner Berechnung gehst Du davon aus, dass das Auto 5 oder 10 Minuten im Stand unter Last weiterkühlt, bis die Batterie leer ist und der Benzinmotor anspringt. Das könnte die Fehlerquelle sein: derselbe Artikel oben beschäftigt sich genau damit, wie man die Klimaanlage unter Verwendung der Start-Stopp-Automatik etwas mager laufen lässt, um die Batterie zu schonen - unter der Annahme, dass es eh gleich weitergeht oder die Insassen aussteigen. Das heisst, dass die Klimaanlage unter den von Dir vorgeschlagenen experimentellen Bedingungen nur unter Teillast läuft, was die niedrigen ODB2-Messungen erklärt. Die oben genannte Quelle macht das deutlich: "Zur Überbrückung einer Fahrtunterbrechung von beispielsweise 40 s ist demnach eine Kälteenergie von 0.03 kWh erforderlich."

Und ohne Bewertung der Quelle lässt das Schweizer Bundesamt für Umwelt nachrechnen.
"Beim Temperatursprung von 32 Grad auf 21 Grad steigt der Verbrauch um 2,5 Liter bis 4,2 Liter/100 km.
Ist es erstmal schön kühl, braucht die Anlage aber deutlich weniger: in der Stadt zwischen 0,7 und 2,1 Litern, auf der Autobahn nur 0,1 bis 0,7 Liter. Zwischen ähnlich starken Dieselmotoren und Benzinern gibt es dabei kaum Unterschiede. Übrigens: Auch wenn es oft behauptet wird – geöffnete Fenster führen kaum zu höherem Verbrauch. Wer keine Klimaanlage hat, kann sich also damit behelfen. Zugluft und Lärm muss man allerdings in Kauf nehmen. Außerdem wird es so natürlich drinnen nicht kühler als draußen."
(Quelle: www.bild.de/auto/2010/start/verbrauch-sp...l-13326190.bild.html)

Viele Grüße
Blauer Claus

@Gulfoss: danke für Dein Experiment, das sind frische Taten und klare Antworten.

Gruss
BlauerClaus

"Unser" (bin ja hauptsächlich Leser), Endergebnis gehört dann eigentlich in wiki rein...

noch was zum Thema rein elektrisch:

Der Prius 3 kann laut Prospekt maximal 2 km mit 50km/h fahren (ohne Beschleunigung).

Das heißt, in 2.4 Minuten "verbräht" er die 0.5kWh sprich für eine Konstantfahrt von 50km/h benötigt der Prius 12kW, ob nun 200-500Watt hier für die Klima noch zusätzlich verbraucht werden, ist dann auch egal...


Bei angenommener rein elektrischer Beschleunigung auf 50km/h mit einer Beschleunigungszeit von 30Sekunden mit 27kW ist bereits die Hälfte der Gesamtenergie verbraten..., rein elektrisch Beschleunigen macht also keinen Sinn um effektiv unterwegs zu sein... elektrisch Gleiten hingegen schon...

Wenn die Kühlleistung tatsächlich um Faktor 2-3 höher ist als die Leistungsaufnahme (siehe Beitrag von Facelift2012), dann fügen sich immerhin einige Puzzleteile zusammen.

Was mir noch eingefallen ist: Im August 2009 besuchte ich die landesweite Veranstaltung zur Einführung des damals brandneuen Prius III in Dübendorf/Schweiz. Auf dem Rückweg tankte ich in Schaffhausen voll und fuhr über die A81 und A6 gemütlich nach Heidelberg zurück. Zwei Personen, Kofferraum und Rückbank randvoll, Außentemperatur 31 Grad, sehr heiß und trocken, Klimaautomat die ganze Zeit auf 19 Grad eingestellt. Ergebnis:



Das Volltanken später am Tag in Frankfurt/Main ergab sogar nur 3.35 Liter/100 km, aber da war sicher wieder etwas Luft im Tank, obwohl ich viel Geduld hatte und alleine an der Tankstelle war. Es war jedenfalls der beste Verbrauchsschnitt, den ich mit dem Prius II jemals über eine halbwegs längere Strecke herausfahren konnte. Ich glaube nicht, dass ich durch Abschalten der Klimaanlage noch weniger verbraucht hätte.

Natürlich ist das kein Beweis für irgendwas. Es unterstreicht aber, dass ich durch Zu- oder Abschalten der Klimatisierung keine Änderung des Durchschnittsverbrauch feststellen kann. Allerdings fahre ich auch niemals Kurzstrecken mit dem Auto und nur selten Stadtverkehr. Gerade dort aber sollte der Mehrverbrauch deutlich sein, wie es ja auch das strittige Diagramm in der Tendenz korrekt über die Geschwindigkeit abbildet.

Einen anderen hier angesprochenen Punkt kann ich ebenfalls bestätigen: Ich bin Frischluftfanatiker und völlig unempfindlich gegen Zugluft - ganz im Gegenteil, ich liebe frischen Wind um die Nase. Deshalb fahre ich in meinem Autos so oft es nur irgendwie geht mit allen Fenstern und Schiebedach offen - natürlich nur bis Tempo 80 oder 90, sonst wird es einfach zu laut. Auch diese Gewohnheit führt nicht zu einem messbaren Mehrverbrauch, obwohl es das eigentlich tun müsste.

Ich denke, dass viele Dinge, die sich theoretisch auf den Verbrauch auswirken, in der Praxis einfach in den vielen anderen Faktoren, die das ebenfalls tun, untergehen: Geschwindigkeit, Außentemperatur, Luftfeuchtigkeit, Straßenbelag, Streckenprofil, Fahrprofil, Fahrweise etc.

Grüße, Egon

@Egon: ein Verbrauch von 3.4 mit Klimaanlage ist geradezu unglaublich, aber Du hast ja das Foto beigelegt. Wie kann das sein?

Ein Blick ins Diagramm verrät: bei 31°C fährt der Prius in seiner Lieblingstemperatur, im Diagramm als weißer Fleck erkennbar. Ich habe den Simulator befragt: Mit einer Geschwindigkeit von 56km/h hat der Prius unter Deinen Randbedingungen sein Effizienzhoch, da kommst Du ganz regulär trotz Klimaanlage 19°C auf 3.4 Liter/100km. Hättest Du die Klimaanlage ausgeschaltet, hättest Du die Strecke mit 2.56 Litern/100km geschafft, weil der Motor bei dieser Temperatur so effizient ist. Der Mehrverbrauch bei dieser Geschwindigkeit liegt damit bei ca. 0.8 Liter/100 km. Deine Mitfahrer im Fahrzeug und auf der Autobahn hätten Dich bei dieser Geschwindigkeit nur eben gesteinigt.

Aber dann kommt ja noch hinzu: Dübendorf liegt 440m über dem Meeresspiegel, Heidelberg bei 114m. Es ging also tendenziell bergab, insgesamt 326m. Das bedeutet, dass Du mit Zuladung von 4 Personen in Summe eine potentielle Energie von rund m*g*h = 1700kg*9.81*326m = 5.44 MJ = 1.510 kWh geschenkt bekommen hast, das sind bei einer Nutzkapazität der Hybridbatterie von ca. 0.5 kWh ganze 3 Batterieladungen von 0 bis 6 Balken. Möglicherweise war es in der Schweiz auch noch nicht nötig, die Klimaanlage einzuschalten, so dass Du die erste Strecke wirklich sparsam warst.

Bei gemütlicher Autobahngeschwindigkeit spricht das Diagramm von ca. 0.1-0.2 Liter Mehrverbrauch.
Die Bergabfahrten mögen Dir das geschenkt haben. Man hätte das für die Hin- und Rückfahrt insgesamt betrachten müssen, um den Effekt der Höhenunterschiede auszugleichen.

Viele Grüße
BlauerClaus

Der Vollständigkeit halber: Die Messung begann erst nach dem Volltanken in Schaffhausen (400m ASL), die Geschwindigkeit auf der Autobahn betrug meist Tacho 100. Allerdings die Steigungen hoch auch mit Tempomat, was verbrauchstechnisch nicht sinnvoll, aber bequem ist.

Im Wesentlichen stimme ich den Schlussfolgerungen zu. Auch einen Mehrverbrauch von ein bis zwei Zehntel Liter halte ich für grundsätzlich realistisch, auch wenn ich ziemlich sicher bin, dass der auf solch langen Strecken in den anderen Faktoren einfach untergehen wird.

Zwischen Theorie und Praxis kommt es immer wieder zu Abweichungen. So habe ich bestimmt 70.000 Kilometer ausschließlich auf der Strecke Heidelberg-München-Heidelberg zugebracht, über die A8 (selten über A6/A9 oder A6/A81/A8). Meine Standardroute über die A8 hat verbrauchstechnisch ein denkbar ungesundes Höhenprofil: Start in 100 Meter Höhe, auf halber Strecke erreicht man 800 Meter, am Ziel sind es 500. Dazwischen aber geht es 400 Kilometer lang ständig bergauf und bergab, so dass man in Wirklichkeit noch viel größere Höhendifferenzen überwindet.

Nun sollte man annehmen, dass in der einen Richtung (500 -> 800 -> 100 Meter Höhe) viel weniger Sprit benötigt wird als in der Gegenrichtung. Tatsächlich ist das auch so, aber nur in drei Fünftel der Fahrten. Ich bin immer wieder überrascht, wenn manchmal Richtung München der Verbrauch ein paar Zehntel niedriger gewesen ist als auf der Rückfahrt.

Da spielen dann eben die schon mehrfach aufgeführten Faktoren eine Rolle, denn theoretisch dürfte das eigentlich nicht passieren.

Für mich bleibt zunächst mal festzuhalten: Die alte Tabelle für den Prius II

www.john2211.nl/Spreadsheets/2004%20Priu...HS2%20Simulation.htm

und die dank Dir nun neue für den Prius III (Klasse, nochmals vielen Dank dafür!)



haben einen sehr großen Praxisbezug und bilden die Realität erstaunlich genau ab.

Bei den absoluten Werten der Tabellen, die den Mehrverbrauch durch die Klimatisierung berücksichtigen, habe ich allerdings Zweifel, wobei zumindest die dort sichtbaren Tendenzen aber hinhauen dürften.

Grüße, Egon

Mir ist noch was eingefallen. Der Luftwiderstand wächst ja quadratisch mit der Geschwindigkeit. Wenn ein Wind von sanften 30km/h von Süden nach Norden zieht während Du auf der Autobahn mit 100km/h ebenso nach Norden tuckelst, dann hast Du einen relativen Luftwiderstand von 70km/h. Das heisst, Du fährst 100 mit dem Verbrauch von 70. Dasselbe kann Dir auf Deinen 3 von 5 Reisen nach München passiert sein. Bei so geringen Verbräuchen kann selbst der Wind ausschlaggebend sein. In der Tabelle ergibt das einen Verbrauch von 3.1 ohne Klimaanlage. Mit ein paar Zehntel obendrauf hätten wir die auch berücksichtigt.

Grüße, BlauerClaus

Egon schrieb:
[...]
Nicht zustimmen kann ich der Aufforderung zum Abschalten der Klimaanlage beim Anfahren und dem Hinweis auf den Kollegen, der seine Klimaanlage beim Berghochfahren als Leistungsverlust wahrnimmt. Das ist zweifellos bei nicht zu stark motorisierten konventionellen Autos der Fall, bei denen der Kompressor über einen Riemen betrieben wird und so dem Antriebsstrang Leistung entzieht.

Bei den Toyota-Hybriden mit den aus der Traktionsbatterie gespeisten und elektronisch geregelten Kompressoren ist dies nicht der Fall. Das kann man durch zu- und wegschalten der AC beim Beschleunigen leicht selbst ausprobieren.

Grüße, Egon

...das meine ich aber auch. Fahre derzeit (noch) einen 3,0 Diesel A6 als Firmenwagen, wo sich auf Grund der Motorisierung die Klimaanlage (ist bei mir ständig mit 20 Grad im Betrieb) nicht Leistungsminternt bemerkbar macht, aber nach Aussage der Werkstatt ca. 5 PS der Motor- Leistungsbilanz benötigt. Ist halt ein ganz anderes Konzept und ein "Brocken" von Klimakompressor. Das kostet Kraftstoff/Geld. Nur...die Frage ist, ob die "Wohlfehltemperatur" grundsätzlich über den teuren Kraftstoff hergestellt wird, oder über/und den Weg der Energierückgewinnung.