Priusfreunde.de

Warum Plugin-Hybride keine gute Idee sind - und warum wir jetzt eine Schwemme solcher Autos von allen Herstellern erleben. Eine Zusammenfassung.

Diese ganze jetzt anlaufende Plugin-Nummer ist ein Riesenskandal, mit Vorgeschichte:

Zuerst hat man eine völlige untaugliche Formel zur Berechnung des Normverbrauchs von Plugin-Hybriden entwickelt und gesetzlich installiert, nämlich ECE R101. Diese Formel ist so aufgebaut, dass - bezogen auf ihre Ergebnisse - ein drei bis fünfmal höherer Realverbrauch eher die Regel als die Ausnahme ist. Außerdem bieten die Werte im Gegensatz zum NEFZ keinerlei Vergleichbarkeit, da fahrzeugspezifische Relationen (Verhältnis E- zu Benzin-Reichweite) als Variablen eingerechnet werden.

Die Formel zur Erzeugung realitätsferner Normverbräuche lautet:


Sie ist nicht nur komplett praxisfremd und sorgt für Ergebnisse ohne Relevanz und ohne Realitätsbezug, sondern kann sogar dazu führen, dass das Fahrzeug mit dem höheren Praxisverbrauch den niedrigeren Normverbrauch attestiert bekommt.

Ein Hersteller kann durch einfache Modifikation berechnungsrelevanter Parameter seine Autos gezielt auf ein möglichst gutes Ergebnis hin entwickeln, ohne zusätzlichen Aufwand. Das alles geht mit dem NEFZ (bei konventionell motorisierten Fahrzeugen und Hybriden) nicht ganz so einfach.

Die Aussagekraft der ermittelten Werte ist gleich Null. Im europäischen Ausland hat man dies schon vor längerer Zeit als gefährlichen Unfug entlarvt, zum Beispiel hier:

- derstandard.at
- nachrichten.at

Gleichzeitig hat man dafür gesorgt, dass sich die Hersteller die durch die ECE-Märchenformel extrem niedrigen Normverbräuche solcher Autos gleich mehrfach auf ihre Flottenverbräuche anrechnen lassen dürfen, Stichwort "Supercredits".

Genau das ist auch der eigentliche Sinn der Übung. Es ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass trotz sich allmählich verschärfender Grenzwerte auch zukünftig leistungsstarke schwere Spritschlucker gebaut dürfen.

Deshalb werden jetzt in Bälde jede Menge Plugin-Hybride auf den Markt kommen, von fast allen Herstellern. Die meisten werden dabei so zwischen angeblichen 1,5 und 2 Liter im Normverbrauch liegen. Der Stromverbrauch wird dabei völlig ignoriert, der erheblich höhere reale Spritverbrauch sowieso. Die völlig kranke Berechnungsformel sorgt dafür, dass sogar ein 800 PS-Bolide wie der Porsche 918 mit einem Verbrauch von 3 Liter/100 km (!) angegeben und angerechnet werden darf, völlig legal.

Das führt nicht nur dazu, dass der Flottenverbrauch eines Herstellers scheinbar sinkt, sondern zum Beispiel auch dazu, dass man selbst als Fahrer eines aberwitzigen PS-Boliden nur noch ein paar Euro im Jahr an Steuern zahlen muss - wenn er nur irgendeine Form von Plugin-Funktionalität an Bord hat:

- Durch Porsche fahren Steuern sparen

Der Prius Plugin nimmt insofern eine Ausnahmestellung ein, als er der einzige Plugin-Hybride ist, der sowohl mit voller als auch leerer Traktionsbatterie sehr wenig Strom und Sprit konsumiert. Sein Normverbrauch ist also tatsächlich erreichbar.

Für alle anderen gilt: Die parallelen Plugin-Konzepte führen dank des vorhandenen kompletten Verbrennungsmotors plus schweren Akkus zu schweren Fahrzeugen mit hohen Stromverbräuchen und hohen Verbrauchswerten bei Benzinbetrieb.

Dank ECE R101 interessiert das aber nicht nur niemand, sondern alle jubeln über die tollen Autos, die angeblich nur 1,5 oder 2 Liter verbrauchen - sowie Strom aus Luft und Liebe. Und alle machen mit: Die EU, die Länder, die Hersteller, die Fachpresse - alle.

Vorläufiges Fazit:

Die Plugin-Schwemme in Zusammenhang mit der Berechnungsformel ECE R101 und deren mehrfache Anrechenbarkeit auf den Flottenverbrauch eines Herstellers ist eine sehr negative Entwicklung. Letztlich ist das einfach nur ein Trick, der dafür sorgt, dass die Automobilkonzerne weiterhin schwere, übermotorisierte Spritschlucker produzieren dürfen.

Nebenbei wird das bisherige Bild (Hybrid = gute Übergangstechnologie) ins Wanken gebracht. Das alles wird dafür sorgen, dass mehr und viel länger Spritschlucker mit Verbrennungsmotoren auf die Straßen kommen werden als bislang abzusehen war. Ein Geniestreich von Automobil-Lobby und Politik.

Grüße, Egon

Hallo Egon,
du hast über diesen Normverbrauchs-Treppenwitz von Poltik und Autoindustrie ja schön öfters hier berichtet und du hast leider so recht!
Im Grunde ist es bei der Einführung von E10 genauso gelaufen, um Klimaschutzziele nur auf dem Papier zu erreichen und der Automobilindustrie politisch gewollt dabei zu unterstützen!

Nun ist es aber auch so, dass Autos deutscher Fertigung das Exportprodukt Nr. 1 im Außenhandelsvolumen Deutschlands ist.
Da wird mit allen Waffen gekämpft, um den Status zu halten und zu stärken.

Grüsse, Helmut

Danke für dein Statement, Egon. Auf den Prius PHEV trifft's aber auch zu. Nur nicht in gleichem Maße. Es gibt keinen Grund beim Prius den Stromverbrauch zu vernachlässigen und auf eine durchgefahrene Tankfüllung ist der Effekt seiner E-Reichweite nur noch marginal. Das steht in keinem Verhältnis zu Kosten und Aufwand - oder zu einer besonderen Einstufung als PHEV.

Grüße
Holger

Das ist extrem ärgerlich wenn einem gezeigt wird mit welch billigen Tricks sich die Menschen scheinbar hereinlegen lassen.

Damit zeigen aber die Eliten für wie dumm sie den Bürger halten.

Aber die Mehrheit hat gewählt und scheinbar haben die Eliten im Durchschnitt gesehen recht.

Für mich ist das krank.

@Egon: danke dass Du das so deutlich thematisiert hast.

Gruss alupo

haribo schrieb:
[...] du hast über diesen Normverbrauchs-Treppenwitz von Poltik und Autoindustrie ja schön öfters hier berichtet
Stimmt. So ein Thema geht bei dem erfreulich üppigen Beitragsaufkommen in unserem Forum leider leicht unter.

Es wird schon sehr bald ziemlich wichtig werden, da viele der teilweise seit Jahren angekündigten Fahrzeuge nun tatsächlich auf den Markt kommen werden, einfach weil das für die Hersteller zum Senken der Flottenverbräuche notwendig wird. Deshalb wollte ich dem Thema einen eigenen Thread gönnen, so dass man es gut finden kann.

Grüße, Egon

Toller Artikel Egon. Sehr sachlich und verständlich dargelegt.
Das Problem ist aber, das deine Arbeit nur hier im Forum steht.

Solcherlei kritische Stimmen gehören auf Spon, Ntv und wie sie alle heissen.

@haribo
Autos sind nicht das einzige deutsche Esport-Standbein. Wir exportieren auch enorm viel Maschinen. Ich köntne mir aber denken, das an der Automobilindustrie die meisten Arbeitsplätze hängen.

Hier wäre die zur Zeit ofterwähnte "kriminelle Vereinigung" gut am Platz, um die Interessen der Autofahrer zu präsentieren, oder?
Bin gespannt, wie reagieren die erste PHEV-Käufer aus dem Premium-Segmenten auf die erhöhte Verbrauchswerte ihres "Spar"wagens!
Beim Prius/Auris/Yaris hatten die Schmierblätter ständig auf der 30-40% Differenz zu NEFZ herumgeritten ...

e-motion schrieb:
Auf den Prius PHEV trifft's aber auch zu. Nur nicht in gleichem Maße. Es gibt keinen Grund beim Prius den Stromverbrauch zu vernachlässigen und auf eine durchgefahrene Tankfüllung ist der Effekt seiner E-Reichweite nur noch marginal.
Grundsätzlich stimme ich zu. Die Praxisverbräuche deuten aber einfach darauf hin, dass dort das Konzept tatsächlich aufgeht - trotz der niedrigen E-Reichweite oder vielleicht gerade deshalb (Fahrzeuggewicht).

Sogar bei Woody, der auch längere Strecken damit zurücklegt, sieht das Resultat gar nicht schlecht aus:



Grüße, Egon

Die kriminelle Vereinigung ist doch die Politik, die ferngesteuert von der Lobby alles durchgehen läßt. Beispiel Umweltzonen. Gerade die feinstäubigen Direkteinspritzer bekommen genauso die grüne Plakette, obwohl die Umweltzonen dafür eingerichtet wurden, um NOx-und Feinstaubbelastung zu senken.

Man kann aber auch seinen Unmut an geeigneter Stelle zu Papier bringen:

epetitionen.bundestag.de/

Dort formuliert man einen Antrag und gibt eine Begründung. Ein Eintrag als Unterstützer ist auch möglich. Ich wäre dabei.

Woody schrieb:
Beim Prius/Auris/Yaris hatten die Schmierblätter ständig auf der 30-40% Differenz zu NEFZ herumgeritten ...
Sieht so aus, als müssten wir uns zukünftig an 300 oder 400 Prozent gewöhnen.

Die Normverbräuche von konventionellen Autos und Hybriden nach NEFZ sind im Alltag zu schaffen, wenn man es darauf anlegt oder ein günstiges Fahrprofil hat - aber sie sind zu schaffen.

Die Normverbräuche von Plugin-Hybriden nach ECE R101 sind hingegen Märchen. Sie können erreichbar sein oder auch nicht. Das hängt von vielen Faktoren ab, witzigerweise aber nicht direkt vom Energieverbrauch des Fahrzeugs. Siehe Formel oben.

Grüße, Egon

Egon schrieb:
....

Sogar bei Woody, der auch längere Strecken damit zurücklegt, sieht das Resultat gar nicht schlecht aus:



Grüße, Egon

Je nach EV-Anteil sprich Fahrprofil kann man es mehr in Richtung 0,00 L drücken, aber in der Praxis wird es schwierig...
Hier meine Verbräuche für letzte 6 Monate, aufgenommen abends am 31.01.2014, man sieht, wo viel elektrisch im EV-Modus gefahren wurde und wo fast aussliesslich im Hybrid-Modus:

haarthhoehe schrieb:
Die kriminelle Vereinigung ist doch die Politik, die ferngesteuert von der Lobby alles durchgehen läßt. Beispiel Umweltzonen. Gerade die feinstäubigen Direkteinspritzer bekommen genauso die grüne Plakette, obwohl die Umweltzonen dafür eingerichtet wurden, um NOx-und Feinstaubbelastung zu senken.

Man kann aber auch seinen Unmut an geeigneter Stelle zu Papier bringen:

epetitionen.bundestag.de/

Dort formuliert man einen Antrag und gibt eine Begründung. Ein Eintrag als Unterstützer ist auch möglich.


Ich wäre dabei.

Ich auch sofort. Das reicht jeze aber.

Porsche Pan.Hybrid 60,- EU Steuer. Prius Bj 06 101,- EU KFZ Steuer.

Hallo harthhoehe was ist mit Unterschriftenaktion??

Die Ermittlung "Normverbrauchs" unter vergleichbaren Labor-Bedingungen ist schon wichtig um verschiedene Fahrzeuge mit einander vergleichen zu können.
(Sprit-Monitor vergleicht bekanntlich unter "Alltags"-Bedingungen)
Wenn man sich dazu entschließen könnte, den so genannten "Normverbrauch" anstatt in l/100km in kWh, mtw. auch mit Streckenbezug: kWh/100km (Energie-Verbrauch) auszuweisen, sollte sich das Problem der Vergleichbarkeit eigentlich auch ohne "Kopfstände" und umständliche "Schönrechen"-Kunststücke lösen lassen !!
Wichtig ist: Weg von der Verbrauchsangabe in Volumeneinheiten !
Damit kann man wohl bei "Auto V1.0", Prius&Co; weniger schon bei PlugIn-Hybriden (s. Eingangsfrage) aber absolut nix bei E-Autos anfangen !
Mit der Verbrauchsangabe in kWh werden dann alle Kategorien von Fahrzeugen ohne Begünstigungen einzelner Antriebstechniken untereinander vergleichbar !
Sogar die Uralt-Frage "Was ist besser: Diesel oder Benzin ?" würde sich endlich auch lösen lassen - allerdings zum "Nachteil" der Diesel-Kutschen-Lenker.
Die verbraucherfreundliche Volumenanzeige kann ja parallel weiter bestehen - warum nicht ...
Ein O.T.-Vergleich: Bei Digitalkameras z.B. bezieht man sich zum Vergleich der Sensorgröße bzw. Brennweiten-Angaben immer wieder noch auf das gute alte Kleinbild-Format 24x36mm.
mfG schwarzvogel

schwarzvogel schrieb:
Die Ermittlung "Normverbrauchs" unter vergleichbaren Labor-Bedingungen ist schon wichtig um verschiedene Fahrzeuge mit einander vergleichen zu können.
Das ist nur bedingt richtig. Falls es nämlich so weit kommt, dass die Optimierung in Richtung eines praxisfremden Normverbrauchs in der Praxis zu einem Mehrverbrauch führt, ist man endgültig über das Ziel hinausgeschossen. Und diesen Zustand haben wir mit den Bemühungen der Hersteller, die Fahrzeuge gnadenlos auf den NEFZ hin zu optimieren, leider schon erreicht.

Wenn man den Zyklus ganz einfach wie folgt ändern würde:
- Stadtzyklus beibehalten
- Überlandzyklus ersetzen durch Verbrauch bei konstant 90kmh und bei konstant 120kmh, wie es früher einmal war
- alle 3 Werte mitteln
Dann wäre man an der Wirklichkeit ein Stück näher dran und auch der effektive Praxisverbrauch läge tiefer, weil die Fahrzeuge endlich näher auf den Betrieb ausgelegt werden, wie sie auch wirklich genutzt werden. Dann gäbe es garantiert keinen Kleinwagen mehr, der bei 130kmh 8l säuft.

Die NEFZ-Fabelwerte wären natürlich nicht mehr zu halten, das kann aber auch nicht das Ziel sein. Wichtig ist, wie du sagst, die Vergleichbarkeit, dies aber bitte wenigstens ein bisschen praxisbezogen!

Bei Hybriden und Plug-In-Hybriden wäre es wichtig, eine ausreichend lange Teststrecke vorzuschreiben, so wie sie halt im richtigen Leben im Durchschnitt auch vorkommt.

eppf