Vor exakt
einem halben Jahr habe ich den e-Up gekauft. Zeit für einen Zwischenbericht.
Er wird viel, sogar sehr viel gefahren: 17.500 km beträgt die aktuelle Laufleistung, also rund 35.000 km/Jahr. Dafür wurde er
nicht angeschafft. Ähnlich wie bei seinem direkten HSD-Vorgänger hat sich das durch seine Alltagstauglichkeit einfach ergeben.
Nicht wenige werden felsenfest davon überzeugt sein, für ein solches Fahrprofil sei so ein kleines Auto mit so einem kleinen Akku das falsche Fahrzeug. Das verstehe ich sehr gut, es ging mir früher ganz genauso. Eben deshalb habe ich vor einigen Jahren einen Tesla mit der dreifachen Akkukapazität (und dem fünffachen Preis) angeschafft, der sich durchaus bewährt hat. Außer ihrer Antriebstechnik haben beide Autos aber praktisch nichts gemein.
Nach einem halben Jahr e-Up darf ich nun feststellen: Der Winzling passt gut und ich bin davon selbst nicht wenig überrascht. So ein Up hat ein konkurrenzlos gutes Preis-/Leistungsverhältnis, ist flott und macht mächtig Spaß. Antriebsstrang und Steuerung (gemeint ist die Software) wirken völlig ausgereift und überraschen durch zahlreiche nützliche Details. Er ist wendig, nicht gar so schwer und braucht beeindruckend wenig Energie.
Der Langstreckeneinsatz hielt sich bislang in Grenzen. Drei Mal war ich mit dem Up in München (385 km einfach), ein Mal im Kurzurlaub (400 km) und zwei Mal in Tirol/Österreich (520 km). Das geht alles problemlos: Im Sommer eine Ladepause, im Winter zwei, bis Tirol jeweils eine mehr. Wer regelmäßig noch längere Strecken fährt sollte sich besser für ein BEV mit höherer Akkukapazität und besseren Schnelllade-Eigenschaften (über CCS selten mehr als 35 kW) entscheiden.
Aber so bis 500 km am Tag kommt man mit einem Up eigentlich ganz gut klar, wenn man es nicht gerade sehr eilig hat. In meinem Alltag wird er nur selten mehr als 200 Kilometer am Tag gefahren, was sich bei der weit überwiegenden Mehrzahl aller Autofahrer nicht anders verhält. Damit ist so etwas nur auf Langstrecke notwendig:
Im Hochsommer komme ich mit gut 10 Kilowattstunden pro 100 Kilometer aus, trotz häufig voller Beladung, Autobahn (Tacho 110) und Mittelgebirge. Für das bevorstehende Winterhalbjahr - ich habe es gerne warm im Auto - rechne ich mit einem 14er-Schnitt, was aber noch abzuwarten bleibt. Zur Erinnerung: Das entspricht rein rechnerisch der Energie, die in 1,6 Liter Benzin enthalten ist.
Auf 17.500 (Sommer-)Kilometer habe ich Stromkosten von 197,92 Euro verzeichnet, das entspricht 1,13 Euro pro 100 Kilometer. Tendenz nun steigend, weil Winter, aber mit mehr als schätzungsweise 1,70 Euro/100 km muss ich wohl auch dann nicht rechnen. Dabei ist Strom in Deutschland extrem teuer und Benzin/Diesel ziemlich billig. Dass die Kosten trotzdem um Faktoren niedriger liegen als mit einem Verbrennungsmotor liegt an einer besonders günstigen Dreifach-Konstellation aus
a) hoher Energieeffizienz von E-Autos,
b) niedrigem Stromverbrauch speziell dieses Modells und
c) am doch sehr speziellen Egon`schen Nutzungsprofil.
So kaufe ich für zwei, mitunter für drei Familien mehrfach in der Woche ein und lade dabei kostenfrei. Bei einigen (leider wenigen) Kunden kann ich das gleiche tun. Die wissen mittlerweile, dass sie mir mit einer Steckdose immer eine kleine Freude machen können.
Wäre das nicht der Fall und ich müsste den gesamten verbrauchten Strom selbst bezahlen läge ich derzeit bei etwa 3,30 Euro/100 km. Ein rein virtueller Wert, mit dem ich aber ganz gut leben könnte.
Praxisfremd ist in meinen Augen, dass VW mit dem letzten Facelift das integrierte Navi eingespart hat. Ersetzt wird es durch eine kostenlose, speziell für dieses Fahrzeugmodell programmierte App. Die wird per Bluetooth angekoppelt und ist überraschend tief ins Fahrzeug integriert, doch muss man dafür ein eigenes Smartphone verwenden. Dieses ist auf der serienmäßigen Halterung direkt hinter der Windschutzscheibe im Bereich der Lüftung platziert. Dort ist es ständig großen Temperaturunterschieden ausgesetzt und zudem für jeden Passanten auffällig sichtbar. Zu allem Überfluss bringt diese Lösung den Nachteil mit sich, dass verschiedene nicht unwichtige Einstellungen nur über die App (also per Bluetooth) oder kostenpflichtig über die Mobilfunk-Anbindung zu realisieren sind. Alles in allem halte ich das bestenfalls für die zweitbeste Lösung, auch wenn sie prinzipiell funktioniert.
Bestens bewährt hat sich hingegen der serienmäßige zweiphasige AC-Bordlader, den ich üblicherweise auf 2 x 13 A (6 kW) gedrosselt halte. 3-phasig wäre freilich noch besser, aber ich komme auch so gut zurecht. Zusammen mit einem flexiblen ICCB ("Ladeziegel") und einem passenden Adaptersatz kann ich auch exotischste Ladepunkte und vor allem auch solche mit Schieflast-Erkennung voll nutzen. Zwar habe ich mittlerweile überall CEE-Dosen an meinen Stellplätzen installiert und bin nur sehr selten auf Unterwegs-laden angewiesen. Aber ich habe Spaß am Nutzen von Gelegenheiten und Strom gibt es wirklich überall, nur manchmal ein wenig versteckt.
Wer aufgrund der niedrigen Treibstoffkosten nun aber glaubt, mit einem E-Auto nennenswert Geld sparen zu können unterliegt demselben Irrtum wie schon damals mit den Hybriden. Die Energiekosten machen viel weniger aus als der Wertverlust über die Zeit. Das ist selbst bei hohen Kilometerleistungen so und lässt sich bestenfalls durch sehr niedrige Anschaffungskosten (Gebrauchtwagen) oder eine sehr lange Haltedauer vermeiden. Auch ein Schnäppchen wie so ein Up (Auslaufmodell) ist natürlich hilfreich.
Ansonsten wird man die zusätzlichen Kosten durch einen Fahrzeugwechsel nur in den seltensten Fällen über einen Minderverbrauch wieder hereinfahren können. Das lässt sich leicht überschlagen: Spart man an Treibstoff beispielsweise 2,50 Euro/100 km, teilt man seine jährliche Fahrleistung durch 100 und multipliziert das mit 2,5. Das Ergebnis ist meist ernüchternd niedrig und steht - selbst mit mehreren Jahren Nutzungsdauer multipliziert - in einem krassen Missverhältnis zu den Mehrkosten durch den Fahrzeugwechsel. Ziemlich egal, von welcher Antriebsart man kommt und auf welche günstigere man wechselt.
So oder so, für mich führt kein Weg zum Verbrenner zurück. Hin und wieder fahre ich welche und selbst in gut gedämmten Oberklasse-Exemplaren, die ihren Verbrenner-Kern aufwendig kaschieren, fühle ich mich wie in einem nach allen Regeln der Kunst aufgebretzelten Fred-Feuerstein-Mobil: Ich anerkenne die hohe handwerkliche Kunst, aber mit einem E-Motor als Antrieb kann man sich vieles davon schenken und hat trotzdem den angenehmeren Antriebsstrang.
Viel Drehmoment ab Drehzahl Null ist im Alltag sehr viel wichtiger als Leistung. Nicht nur, aber insbesondere im laut- und emissionslosen Stadtverkehr vermittelt der nur 3,60 Meter kurze Elektro-Up das gute Gefühl, im richtigen Auto unterwegs zu sein. Das alleine ist schon unbezahlbar, selbst wenn er deutlich teurer gewesen wäre.
Grüße, Egon