Priusfreunde.de

Smoothie schrieb:
Ich bin da wahrscheinlich ziemlich naiv, da ich bisher auch ohne Anwalt ausgekommen bin. Dann hast du es scheinbar noch nicht erlebt, dass die Versicherung die Leistung einseitig kürzen wollte?

Ich erlebte das durchaus, das ging zwar auch noch ohne Anwalt ab, weil von mir sofort ein Schreiben an die Versicherung gesendet wurde, dass ich die unberechtigte Kürzung nicht akzeptiere und sofort ein Anwalt eingeschaltet wird, falls nicht innerhalb von 14 Tagen der Rest des Geldes auf meinem Konto liegt, zuzüglich der mir zustehenden Unkostenpauschale, auf die ich nun nicht mehr verzichtete.

Anscheinend war das deutlich genug, aber man muss dabei der Versicherung wohl auch das klare Gefühl geben, dass man sich genau auskennt, was einem zusteht und dies auch entsprechend in Worten rüberbringen.

Einfach nur zu sagen, man erwartet eine Erstattung in allen Punkten, die einem zustehen, ist für den Sachbearbeiter doch schon wieder der erste Grund, etwas hinten runterfallen zu lassen, außer es geht um Beträge bis max. niedriger 4-stelliger Bereich.

Bei einer deutlich 5-stelligen Schadenshöhe ist aber eindeutig der Punkt überschritten, wo man alleine tätig wird. Sonst betritt man mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit ein paar Wochen später eine Anwaltskanzlei.

Oder man bekommt es gar nicht mit, wo die Versicherung gespart hat. Wer kennt z.B. genau die Tagessätze für den Nutzungsausfall aller Fahrzeugtypen? Der einschlägige RA garantiert! Auch bei der Länge der Reparaturdauer wird bei den Versicherungen nicht selten gemauert.

Hand auf's Herz, wer traut sich als Privatmann zu, die Schadensabrechnung der Versicherung in einem Fall wie diesen in allen Punkten auf Korrektheit zu prüfen? Bezüglich Aufwandspauschale, Nutzungsausfall, Wertminderung, Neu-für-alt-Abzug (hier wohl weniger ein Thema).

Bei überschaubaren Unfallfolgen sicherlich kaum ein Problem, hier würde ich aber auf Nummer sicher gehen.

eppf

Bei meinem Toyota damals wurde alles dem Autohaus (AH) übergeben, inkl. Vollmachten.
Die haben alles geregelt.
"Als Geschädigter haben Sie keine Nachteile zu akzeptieren."
Als ich einen blöden Brief von der gegnerischen Versicherung bekam, legte ich ihn beim AH vor. Die wollten von mir eine Beteiligung abkassieren.
Das AH hat sofort den Hausanwalt dran gesetzt.
Alles gut gegangen.
Ersatzwagen bekommen, Auto repariert und Wertminderung erhalten.

Gruß
Helmut

eppf schrieb:Bezüglich Aufwandspauschale, Nutzungsausfall, Wertminderung, Neu-für-alt-Abzug (hier wohl weniger ein Thema).
Genau darum geht es eigentlich, wenn der Schaden am Ende über 30kEUR liegt, ist er im Bereich eines wirtschaftlichen Totalschadens und ich muss mir überlegen, ob ich den Wagen dann nicht lieber abgebe und mir einen neuen suche. Eigentlich habe ich keine Lust nach einer derart intensiven Reparatur ein Fahrzeug mit "repariertem Unfallschaden" zu fahren, das dann wirklich im Zweifelsfall nur äußerst schwierig (=mit erheblichem Verlust) weiter zu verkaufen ist.

Achso, nochwas: könnte einer der Mods mal den Threadtitel ändern? Habe da einen Tippfehler eingebaut, der korrigiert werden sollte, so findet man den später nicht mehr über die Suche. Es muss heißen "Rechtsanwalt". Vielen Dank vorab!

joker4791 schrieb:
...nach einer derart intensiven Reparatur ein Fahrzeug mit "repariertem Unfallschaden" zu fahren, das dann wirklich im Zweifelsfall nur äußerst schwierig (=mit erheblichem Verlust) weiter zu verkaufen ist. volle zustimmung zu deiner überlegung...
und sehr gut ist die anwaltschaftliche vertretung - meinen infos zufolge ist die allianz für die streitlust bekannt - alleine ist man da auf verlorenem posten!
wünsche dir auf jeden fall eine für dich positive abwicklung 

Wenn es gar in Richtung wirtschaftlicher Totalschaden geht, stellt sich die Frage, ob es auch ohne RA abgewickelt werden sollte, gleich zweimal nicht.

Da spielen dann gleich solche Punkte eine Rolle, wie der MWST-Status, abhängig vom Fahrzeugalter. D.h. du musst dann ggf. zwingend einen Neu- oder Gebrauchtwagen mit MWST-Ausweisung kaufen, um die MWST des Wiederbeschaffungswertes erstattet zu bekommen.

eppf

@Joker: danke für den Hinweis, habs geändert!

Timo

Servus.

Die Zahlungsmoral der Versicherungen ist nach meiner berufl. Erfahrung seit Corona unterirdisch.

In einem derart komplexen Themenbereich wie das KFZ-Schadensrecht erscheint es schon fast als fahrlässig, sich keinem Rechtsbeistand zu bedienen.

Diese frei zitierte Aussage stammt aus einem OLG-Urteil gegen eine Versicherung.

Dieter40 schrieb:
...habe ich vom Anwalt eine Pauschale von 30€ überwiesen bekommen, obwohl ich keinerlei Ausgaben hatte.
Dies nennt sich Auslagenpauschale (liegt zw. 20 und 30 €) und auf die hat der Geschädigte im KFZ-Haftpflichtfall grundsätzlich Anspruch, es bedarf also keinem Nachweis über etwaig angefallene Aufwendungen.


Grüße ~Shar~

Wundert sich noch Jemand, warum die Versicherungsprämien immer weiter steigen?
Ist in meinen Augen eine Form von "organisierter Kriminalität" zwischen Versicherungen, Gutachtern, Werkstätten, Anwälten und Autobauern, die an jedem Schaden gut verdienen und der Versicherungsnehmer zahlt die Zeche.

Also als Krimineller lass ich mich nicht bezeichnen!!!

Ich mache meinen Beruf seit über 30 Jahren, pro Jahr wickle ich im Schnitt 100 Unfallschäden ab. Früher war das ne rel. einfache Sache:
Schaden dokumentieren (anfangs noch mit Polaroid ), Kostenvoranschlag gemacht, Reparaturfreigabe von der Versicherung bekommen, Schaden repariert, Rechnung geschrieben, Rechnung wurde bezahlt -> fertig.

Dabei möchte ich betonen, das meine Rechnungen immer (+/- 20.- Euro) meinen Kostenvoranschlägen entsprochen haben. Das kann ich für die letzen 20 Jahre belegen.

Heute mache ich einen Kostenvoranschlag, dokumentiere peinlichst genau, reiche das bei der Versicherung ein, bekomme eine Reparaturkostenübernahme (RKÜ), repariere den Schaden und wandle den KV in eine Rechnung um und schicke diese an die Versicherung. Dann kommt wochen später ein "Gutachten" von z.B. Car Expert, in dem meine Rechnung einfach mal wild gekürzt wird. Plötzlich ist der Lackierpreis zu hoch, den Kotflügel hätte man auch ohne den Stoßfänger ab zu bauen erneuern können (wie soll das gehen???), Teile die auf meinen Bildern eindeutig als defekt/zerstört erkennbar sind, werden als nicht notwendig raus gestrichen usw.

Warum wird das nicht vor der Reparaturfreigabe gemacht?? Wozu mache ich denn einen Kostenvoranschlag??? Wie kann Jemand ein Gutachten erstellen der das Unfallfahrzeug nie gesehen hat??? Wie kann es sein das Sachbearbeiter Unfallrechnungen kürzen die vermutlich noch nie eine Werkstatt von innen gesehen haben??? Warum wird sehr oft sofort bezahlt wenn der erste Brief vom Anwalt kommt???

Anfang des Jahres hatte ich sogar den Fall das eine Versicherung das Gutachten ihres eigenen Gutachters gekürzt hat.

DAS nimmt mittlerweile mafiöse bzw. kriminelle Züge an.

Deshalb rate ich jedem Kunden der die Möglichkeit hat (Haftpflichtschaden) ein Gutachten machen zu lassen und sich vom Anwalt vertreten zu lassen. Bei Kostenvoranschlägen bestehe ich darauf das in der RKÜ expliziet der Betrag meines KV freigegeben wird, wird dann trozdem gekürzt übergebe ich das sofort dem Anwalt.

Ich frage mich schon, wie sich hier Leute ein Urteil erlauben können die in Ihrem Leben vermutlich noch nie einen Unfallschaden von Anfang bis Ende abgewickelt haben?!?

Seit ich vor ca. 8 Jahren versuchte, einen Unfallschaden mit der gegnerischen Versicherung selbst abzuwickeln, habe ich mich eines Besseren belehren lassen und mache das nur noch über meinen Anwalt und den von ihm empfohlenen Gutachter!
Ich lasse mich von den Versicherungen nicht mehr über den Tisch ziehen oder streite mit dem "Sachbearbeiter" über Centbeträge!

Ja, das empfehle ich inzwischen auch, wenn man Geschädigter ist.

Alleine das Aussitzen der Zahlungen kann nur über über ein kurzes anwaltliches "Motivationsschreiben" (=Klageandrohung) unterbunden werden.

Leider ist dies ein komplettes "industrielles" System. Und der VN muss es mitspielen, sonst legt er am Ende drauf.

Die Leidtragenden sind die Werkstätten, die sich mit den Kürzungen rumschlagen müssen und die VN, die den ganzen Murks letztlich selbst zahlen.

Zu den Kürzungen: es gibt wohl inzwischen Algorithmen, welche die KVs scannen und Kürzungvorschläge automatisch liefern!
Das hat mir meine Werkstatt erzählt.

Lesestoff www.captain-huk.de

KFZler schrieb:
Also als Krimineller lass ich mich nicht bezeichnen!!!

...

DAS nimmt mittlerweile mafiöse bzw. kriminelle Züge an.

...

Hallo KFZler,
habe ich nicht behauptet, dass DU ein "Krimineller" bist. Aber es gibt durchaus Elemente in diesem Thema, für die dies durchaus zutreffen könnte - wie Du ja auch selber schreibst!

Mein Vater war über 30 Jahre KFZ-Sachverständiger einer großen deutschen Versicherung. Ich kenne noch sehr gut die Polaroid-Bilder und die damals unbürokratische Abwicklung per Ausstellung eines Schecks gleich vor Ort. Leider haben sich sich die "Sitten" in der Branche massiv verändert - aber vermutlich nicht nur dort, wenn man sich unsere Gesellschaft inzwischen anschaut.

Gruß Thorsten

Das Schlimme ist, daß manche "lieben" Mitmenschen es als "Sport" betrachten, Versicherungen zu betrügen! So etwas hasse ich ebenfalls, denn die Mehrheit der VN bezahlt dieses Verhalten!

Ich denke man kann gewiss davon ausgehen, daß es auf allen Seiten schwarze Schafe gibt. Kunden, die betrügen. Werkstätten, die falsch abrechnen. Gutachter, die Gutachten frisieren. Versicherungen, die sich um Zahlungen drücken. Und denen haben wir es zu verdanken, daß gegenseitiges Misstrauen herrscht, wie es beispielsweise @priusb78 zum Ausdruck gebracht hat. Darunter leidet dann leider auch die große Mehrheit, die sich stets absolut korrekt verhält.

Timo